Man hat übrigens auch im Wachen manchmal das Gefühl, als
ob man irgendein Erlebnis schon einmal gehabt habe. Dabei han⸗
delt es sich vermutlich nicht selten um anklingende Saiten aus dem
Unterbewußtsein. Diese Cigentümlichkeit der Träume, daß uns an—
geblich nicht bekannte, in Wahrheit aber nur vergessene Dinge wieder
einfallen, hat Anlaß zu übernatürlichen Deutungen gegeben. Aber
auch wenn man träumt, wo ein verlegter und vergeblich gesuchter
Gegenstand liegt, und sich dieser dann wirklich dort findet, so ist
das durchaus kein Beweis für irgend etwas Wunderbares. Unserm
Gedächtnis war zwar der Fundort nicht gegenwärtig, wohl aber hatte
ihn sich das Unterbewußtsein gemerkt, und konnte uns nun im
Traume, wo es ungehemmt hervortrat, einen Fingerzeig geben.
6. Mancherlei Beeinflussungen der Träume.
Wir haben zwei große Gruppen von Träumen, vom Standpunkt
ihrer Entstehung aus betrachtet, kennengelernt, die Sinnesreizträume
und die Erinnerungsträume, haben aber gesehen, daß beide in—
einander übergehen können; mag jedoch der erste Anstoß von einem
Ssinnesreiz oder einer Crinnerung kommen oder ein Sinnesreiz eine
Erinnerungsvorstellung auslösen, oder umgekehrt, eine Sinnesemp—
findung sich an eine Erinnerung anschließen, die hauptaufgabe bei
der Gestaltung der Träume bleibt der Craumarbeit vorbehalten.
sie erst reiht Vorstellung an Vorstellung, ruft Assoziationen wach
und bringt so in unglaublich kurzer Zeit das zustande, was uns als
fertiger Traum erscheint.
Nun sind verschiedene Umstände zu beachten, die das Traumbild
in gewisser Weise beeinflussen können. Da ist zunächst das Cebens⸗
alter des Träumenden von Bedeutung. Das KNind muß das Träu—⸗
men erst lernen, es muß Träumenswertes erst erleben. Die Gescheh—⸗
nisse des Tages, auch diejenigen, die den tiefsten Eindruck gemacht
haben, haben bei der Jugend den Vorrang. Kinderträume prägen
sich oft so ein, daß sich der Erwachsene noch ihrer erinnert. Mir
erzählte eine Dame, daß sie als Kind im Anschluß an eine Mord—
tat, die im Orte begangen worden, folgenden Traum gehabt habe:
Sie sah einen Tisch mit gelben geraden Beinen und rotbrauner disch⸗
decke mit goldgelben Sternen bestickt. „Unterm Tisch, aus dem
Boden hervorragend, gewahrte ich einen Menschenfuß, der, empor⸗
gerichtet, sich fortwährend bewegte.“ — Die Jugend träumt lebhaft.
Das steigert sich noch bis zur ZSeit der geschlechtlichen Keife. Da be⸗