Full text: Sammelband

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Gruppe, die von der Cagestätigkeit träumte, gehörien vorzugsweise 
jugendliche Träumer; bei diesen sowie bei nervösen, überarbeiteten 
Menschen herrschen die wichtigen Tagesereignisse im Traume vor. 
Es leuchtet ein, daß Menschen, vor allen Geistesarbeiter, die 
zewohnt sind, abenods ihr Tagewerk zu überdenken, wobei nicht er⸗ 
ledigte Dinge in gewisser Weise die Vorstellungen beherrschen, diese 
auch oft mit in den Schlaf hinübernehmen und dadurch zu Träumen 
angeregt werden. Überhaupt werden die Vorstellungen der Träume, 
die unmittelbar nach dem Einschlafen auftreten, vorzugsweise der 
lagestätigkeit ihren Ursprung verdanken, während die Morgen⸗ 
träume aus älteren Erinnerungen ihren Stoff schöpfen. Steht man 
nach dem Erwachen nicht sofort auf und schläft nochmals ein, so wer⸗ 
hen gewöhnlich wieder die Cagesgedanken von den Träumen aufge— 
nommen. 
Goethe bemerkte das Vorherrschen der Tagesgedanken in den 
Träumen bei der Abfassung des „Prometheus“. „Was ich wachend 
am Tage gewahr wurde, bildete sich sogar nachts öfters in regel⸗ 
mäßige Träume, und wie ich die Augen auftat, erschien mir entweder 
ein wunderliches neues Ganze, oder der Teil eines schon Vor⸗ 
handenen.“ 
Nicht ohne Einfluß ist auch der Lesestoff; auch das ist jedem 
Träumer geläufig, daß Personen und Gegenstände ihm im Traume 
begegnen, die er am Tage vorher in einem Buche kennengelernt. 
solche Träume sind mitunter sehr phantasievoll. Einst träumte mir, 
hdaß ich in einem kleinen Fuhrwerk einen Abhang hinunterfahre. 
kin mir nicht mehr erinnerlicher Begleiter sagte: „Das geht ja wie 
in der Arche nNao (1)!“ Schneller und schneller eilten wir den Berg 
hinab; da stürzt das Pferd plötzlich, aber ohne daß der Wagen durch 
das unvermittelte Anhalten wesentlich erschüttert wird. Das vorher 
durchaus nicht außergewöhnliche Pferd lag mit einem Male ganz klein 
ind erschrechend mager tot am Boden vor dem Wagen. Während ich 
das Pferd beschaue, kommt plötzlich mitten durch die einsame Gebirgs⸗ 
zegend, ohne daß ich vorher Schienen bemerkt habe, eine Elektrische, 
in der vorn der Kaiser steht. 
Dieser Traum läßt sich auf folgende Punkte zurückführen: Am 
lachmittag hatte ich in den Lebenserinnerungen von Karl Schurtz 
gelesen; es wird dort geschildert, wie auf Kinkels Flucht aus Span⸗ 
dau eins der Pferde so überanstrengt wird, daß es sich hinlegt, um 
aicht wieder aufzustehen. Die Schreibgrt Nao ist auf ein Versprechen
	        
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