Full text: Sammelband

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ins Kiesenhafte gesteigert. Eine Rälteempfindung am Fuße löste bei 
Weygandt die Traumvorstellung aus, daß er bei Regenwetter in 
Tirol eine Fußwanderung machte; eine solche an den Unterarmen 
ließ ihn träumen, daß er am Ufer des Kochelsees seine Arme ins 
Wasser steckte, um Muscheln zu suchen. 
Sehr viele Vorstellungen vermag die Bettdecke zu erwecken. 
Sie wird nicht nur als geliebtes Wesen umarmt, sondern ist auch unser 
Gegner im Ringkampf. Das herunterrutschen der Decke und das 
damit verbundene Bloßliegen verursacht eine besondere Art von Träu— 
men, die wir später noch besprechen wollen. 
Auch innere Keize der haut können Träume hervorrufen. Ich 
hatte mich mit einer Nadel in den rechten Zeigefinger gestochen; die 
Stelle war nur auf Druck etwas empfindlich, so daß ich sie gar nicht 
beachtete. In der Nacht darauf träumte ich, daß ich eine Eiterung an 
demselben Finger hätte. Ich wurde operiert und sah zu, übrigens 
ohne die geringste Schmerzempfindung, wie der Chirurg verschiedene 
bohnengroße, abgestorbene Knochenstüche aus dem Finger heraus— 
holte. Der Reiz, der am Tage nicht beachtet wurde, war immerhin 
stark genug, in der Nacht, als alle anderen Reize ausgeschaltet waren, 
empfunden zu werden und Vorstellungen auszulösen. die den deut— 
lichen Stempel der Übertreibung trugen. Bezeichnend für die Traum⸗ 
verarbeitung war wieder, daß der Keiz auf eine ganz andere Sinnes- 
vorstellung übertragen wurde; der vom schmerzsinn ausgehende 
Traum spielte sich durchaus als Gesichtstraum ab. 
Bedeutungsvoll für die Entstehung von Träumen sind auch die 
Reize, die dem Innern des Körpers entstammen. Der gesunde 
Mensch merkt von ihnen am Tage wenig, es sei denn, daß das Ver— 
bauungsorgan gelegentlich geringes Unbehagen macht. Jeder von 
uns weiß aber aus Erfahrung, wie schwere Träume ein schlemmer⸗ 
haftes Essen, das den Magen vor eine harte Aufgabe stellt, im Ge— 
folge haben kann. Aber auch ganz gewöhnliche Verdauungsvorgänge 
können die Veranlassung zu Träumen sein. Der Magen verändert 
bekanntlich schnell seinen Füllungszustand. Sein Umfang kann leicht 
durch Gase ausgedehnt werden. Er liegt in der Nachbarschaft wich— 
tigster Organe und ist mit sehr empfindlichen Nerven versorgt. Alles 
das trägt dazu bei, ihm eine wichtige Rolle bei der Entstehung von 
keizen zuzusprechen. 
Auch der Füllungszustand der harnblase ist sehr wichtig. Wir 
weroen später noch sehen, daß ein großer Teil der Träume, die
	        
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