Full text: Sammelband

Die bei manchen Menschen sehr häufigen Musikträume sind nicht 
felten auf Reize zurückzuführen, die vom Winde und seinen klagen— 
den heultönen ausgehen. Sie sind auch leicht künstlich zu erzeugen; 
läßt man, wie de Sanctis zuerst getan hat, eine Spieldose in der 
Nähe des Schlafenden, z. B. unter dem Kopfkissen, ertönen, wird 
leicht die Vorstellung von Musik hervorgerufen, die sich mit der 
Vorstellung von heranziehendem Militär oder von einem Konzert 
verbindet. — 
Beim Gehörorgan haben innere, von der Außenwelt unab— 
hängige Reize eine geringere Bedeutung als beim Gesichtssinn. Doch 
kommen auch solche vor, wie das Ohrensausen und Ohrenklingen, 
das, ähnlich wie die eigenen Gesichtsempfindungen des Auges auf 
der Erregung der Sehnervenendigungen, auf Erregungszuständen 
des hörnerven beruht, ferner knackende Geräusche, die entstehen, 
wenn die vom Ohr zur Nase führende Eustachische Köhre sich plötz⸗ 
lich öffnet, Reiben und Klopfen, wie es das im Gehörgang kreisende 
Blut hervorbringt, schließlich die sog. Muskeltöne der inneren Ohr⸗ 
muskeln. Alle diefe Keize, die am Tage bei abgelenkter HAufmerkb- 
samkeit gewöhnlich unbemerkt bleiben, bönnen im Schlafen den kin⸗ 
laß zu Träumen bilden. 
Weiterhin kommen als Ausgangspunkte für Sinnesreizträume 
der Geruchs⸗- und der Geschmackssinn in Betracht, aber beide 
in untergeoronetem Maße, entsprechend ihrer Bedeutung im Wachen. 
Rant nennt diese beiden Sinne geringschätzig die „Genußsinne“. 
Unsere Geruchs- und Geschmacksvorstellungen sind gegenüber denen 
der anderen Sinne mangelhaft. Unsere Sprache hat ja kaum UAus-⸗ 
drücke. um die Empfindungen jener Sinne zu kennzeichnen. Sie 
versagt, wenn wir beschreiben sollen, wie etwas gerochen, geschmeckt 
hat. Geruchsreize, die von außen kommen, sind während der Schla⸗ 
fenszeit schon an und für sich selten, Geschmacksreize so gut wie aus— 
geschlossen. Gelegentlich kann einmal eine riechende Blume eine Emp⸗ 
findung hervorrufen, die zu einem Traume Veranlossung gibt. 
Monroe hat eine Anzahl von Versuchen angestellt, um den 
Einfluß von Geschmacksreizen auf die Traumbildung zu erhellen. Er 
ließ 20 Studentinnen an 10 aufeinanderfolgenden Abenden kurz 
vor dem Einschlafen sich je eine zerdrückte Gewürznelbe auf die 
Zunge legen. 254 Träume wurden notiert; von diesen waren 17 Ge— 
schmacks- und 8 Geruchsträume, aber nur drei von den letzten be— 
zogen sich auf Gewürznelken. Bemerkenswert ist, daß eine Studentin
	        
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