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wie sie unter gewöhnlichen Verhältnissen in der Nacht zu den Aus—
nahmen gehört, um einen merklichen Cindruck zu hinterlassen. Es
steht außer allem Zweifel, daß auch das Mondlicht Träume hervor—
rufen kann, zumal in südlichen Gegenden, wo sein Schein heller ist
als bei uns.
Es gibt aber doch noch eine Möglichkeit, wie das Auge auch
bei geschlossenen Lidern Seheindrücke empfangen und weitergeben
kann. Die am Tage sehr angestrengten Teile des inneren Auges,
zumal die Netzhaut, bringen in ihren Erschöpfungszuständen sogen.
Nachbilder hervor, wie sie auch am Tage nicht selten sind. Wir
haben sie alle schon erlebt, wenn wir unversehens glänzende Gegen⸗
stände, die Sonnenlicht zurückwarfen, oder gar die Sonne selbst ein⸗
mal angesehen haben; die daraufhin auftretenden Farbflecke halten
oft minutenlang an und stören uns empfindlich in unsern Wahr—⸗
nehmungen. Besonders lebhaft sind die Nachbilder bei Kindern, die
sich in der Dunkelheit die Ereignisse des Tages wieder ins Gedächtnis
zurückrufen, und bei manchen nervösen Zuständen der Erwachsenen.
Diese Nachbilder können nun im allerersten Schlaf auftreten; auf
ihrer Grundlage entstehen dann die Vorstellungen, die zum Traume
führen.
Die Nachbilder, oft nur in Gestalt von Licht- und Farben⸗
empfindungen, kommen auch bei Erblindeten vor. Der berühmte
fugenarzt v. Graefe hatte einen alten Mann in Behandlung, der,
seit 14 Jahren erblindet, unter den lebhaftesten Farb- und Licht⸗
empfindungen litt, die fortwährend Anlaß zu halluzinationen gaben.
Der Patient wurde von diesen Empfindungen dadurch geheilt, daß
man ihm den Sehnerv durchschnitt. Nach Hohenemser ist der
Blindgeborene übrigens nicht imstande, im Schlafe zu sehen, da er
nur solche Vorstellungen hat, die durch die andern Sinne in ihn
gekommen sind.
Eine weitere Cuelle für Träume sind die Gesichtsempfindungen,
die durch den sogen. Lichtstaub, winzige Trübungen des Glaskör—⸗
pers, im Auge hervorgerufen werden; sie können mannigfache Ge—
stalt, auch hnlichkeit von Schlangen, Fratzen, haben und infolge⸗
dessen zu phantastischen Traumbildern Anlaß geben. Da die Licht⸗
staubteilchen gewöhnlich in Mehrzahl durchs Gesichtsfeld wandern,
sieht man sich auch im Traume gewöhnlich gleich mehreren phan⸗—
tastischen Gestalten gegenüber.
Es gibt ferner eigene Lichtempfindungen der Netzhaut des Auges