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kenntnissen“ Verzeihung für seine unzüchtigen Träume von Gott.
Janet macht geradezu den Träumenden für die geträumten Dinge
moralisch verantwortlich. Dieselbe Ansicht ist auch noch vielfach beim
naiven Volk zu finden.
Auch in moralischer Beziehung herrscht also Kritiklosigkeit im
Traum. Sie erstreckt sich auch auf das eigene Ich. Man beobachtet zu⸗
weilen, daß man sich selbst im Traume handeln sieht; unser Ich ist
gespalten, es steht uns eine Person gegenüber, die unsere Züge hat,
die wir aber als ganz außenstehend ansehen. Das kommt schon in der
gewöhnlichen Sprechweise zum Ausdruck; man sagt meistens nicht:
„Ich träumte“, sondern „Es träumte mir“. Es scheint also die Emp⸗
findung vorzuherrschen, daß das Ich zurücktritt.
Ein Beispiel für einen Traum mit Spaltung des Ichs gibt Heb—
bel: „In der letzten Nacht träumte mir, ich sollte begraben werden,
war aber, so seltsam es mir auch in der Erinnerung vorkommt, zu⸗
gleich in und außer der Truhe und wurde von dem Geistlichen, einem
mir aus meiner Jugend sehr wohlbekannten Prediger, gefragt, ob
ich der zu bestattende Friedrich Hebbel sei.“ In einem Grabgewölbe
sollte er auf seine Bestattung warten, wurde aber auf seine Bitten vom
Geistlichen auf die Zeit bis zur Bestattung an die freie Luft beurlaubt.
Oft geht die Spaltung des Ichs noch weiter. Wir hören
zuweilen im Traume, wie andere Personen unsere eigenen Ansichten
äußern. bemerken, daß sie Charakterzüge besitzen, die uns ange—
hören.
Die Spaltung des Ichs ist auch im Wachtraume eine bekannte
Erscheinung. Der geringste Grad davon ist wohl, daß man in Mo—
menten großer Abspannung zuweilen seine eigenen Worte wie aus
weiter Ferne an das Ohr schlagen hört und die Empfindung hat,
als ob ein anderer spräche. Bekannt ist Goethes Wachtraum auf
der Rückkehr von Sesenheim. „Ich sah nämlich, nicht mit dem Auge
des Leibes, sondern des Geistes, mich mir selbst denselben Weg zu
pferde entgegenkommen, und zwar in einem Kleide, wie ich es nie
getragen: es war hechtgrau mit etwas Gold. Sobald ich mich aus
diesem Traum aufschüttelte, war die Gestalt ganz hinweg.“
Die Spaltung des Ichs findet sich auch bei Kindern im Wachen;
sie sprechen mit einzelnen Körperteilen, 3. B. mit ihren Füßen, als
ob es sich um selbständige Personen handelte. Schriftstellerisch ist
sie verschiedentlich verwertet, u. g. von Daudet in seinem Tar—e