Full text: Sammelband

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daß er verstorben ist. Während also manche Assoziationen wegfallen, 
treten dafür andere ein, und zwar solche, die während des Wachens 
keinerlei Bedeutung haben; diese treiben dann ein freies Spiel, lösen 
einander in lebhaftester Weise ab, und so kommt es, daß Grenzen 
überhaupt nicht obzuwalten scheinen. Jeder Druck fällt sür die ein— 
zelnen Gebiete des Vorstellungslebens völlig weg. 
wie verhält sich nun unser Bewußtsein, d. h. der Zustand, in 
dem wir unseres Ichs, unserer Persönlichkeit bewußt sind, in dem wir 
von uns wissen, im Traume? Im Schlaf sind wir bewußtlos, im 
Traum aber kehrt zum mindesten ein Ceil des Bewußtseins zurück. 
Das, was unser Wachbewußtsein ausfüllt, ernsthafte Überlegungen, 
die Berufstätigkeit, Sorgen für die Bedürfnisse des täglichen Lebens, 
alles das tritt während des Traumes in den hintergrund. Es kommen 
Clemente zum vorschein, die bisher gewissermaßen in der Tiefe des 
Bewußtseins geschlummert haben. Sechner hat diese dunkler be— 
wußten seelischen Clemente unter dem Namen Unterbewußtsein 
zusammengefaßt. 
Das Unterbewußtsein tritt im Wachen gegen das Wachbewußt— 
sein, dem man folgerichtig den namen Oberbewußtsein gegeben hat, 
zurück, jedoch nicht so, daß wir von ihm etwa nichts merkten. Ihm 
gehören Gedanken an, die gegen die herrschenden Tagesgedanken 
nicht aufkommen können. Oft handelt man im Wachen „in Ge— 
danken“, d. h. automatisch, eigentlich gedankenlos. Solche Hand⸗ 
lungsweisen gehören dem Unterbewußtsein an. Oft kommen uns 
mitten in ernster Arbeit Einfälle, die ganz aus dem Kahmen fallen, 
bei denen man sich fragt: „Wie habe ich nur so etwas denken kön⸗ 
nen?“ Wem ist nicht schon bei der feierlichsten Gelegenheit, trotz an— 
dächtigster Stimmung, ein Einfall gekommen, der aus aller Andacht 
herausriß? Solche Gedanken entspringen dem Unterbewußtsein, und 
sie füllen auch die Träume aus, von denen man oft sagt: „Wie habe 
ich nur so etwas Verrücktes träumen können!“ Das Unterbewußt⸗ 
sein ist immer in Arbeit. Es nimmt die Cindrücke auf, für die das 
Oberbewußtsein keine Zeit hat, nämlich die schwächsten und unwich⸗ 
tigsten; und diese verarbeitet es gelegentlich nachts in den Träumen. 
Daher kommt es auch, daß wir viel eher von kleinen Sorgen träumen 
als von großen, weniger von Dingen, mit denen wir den ganzen Tag 
über uns beschäftigt haben, als von solchen, die uns gleichgültig 
schienen und als erledigt galten. 
Nur bisweilen herrscht das Unterbewußtsein auch am Tage. Das
	        
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