Full text: Sammelband

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fätigkeit vor sich geht. Die Eindrücke der Außenwelt werden durch 
die Sinnesorgane dem Seelenorgane, dem Gehirn, mitgeteilt. Was 
die Sinnesorgane aufnehmen, wird für uns zu Empfindungen. 
Was das Auge sieht, wird als räumlich und gegenständlich empfunden. 
An die Empfindungen nun schließen sich Porstellungen an, die 
sich zwar unmittelbar auf jenen aufbauen, aber doch nicht mehr 
gegenständliche Bilder ergeben, sondern etwas Blasses, Wesenloses. 
Die Vorstellungen sind Reproduktionen, sie knüpfen an Vergangenes, 
früher Erlebtes an. Jedes seelische Erlebnis hinterläßt Eindrücke 
in Sorm von Beziehungen, sogen. Assoziationen. Eine Emp— 
findung wird stets ganz bestimmte Assoziationen haben und somit 
zanz bestimmte Vorstellungen hervorrufen, die sich auf früheren Er— 
fahrungen aufbauen und ausgelöst werden, sobald die Empfindung 
wiederkehrt. 
Trübt sich der Hhimmel und wird die Luft drückend, so emp⸗ 
finde ich diese Vorgänge der fußenwelt durch Vermittlung des Seh— 
organs und des Hautsinns. Diese Empfindung bleibt aber nicht der 
einzige Eindruck; sie löst sofort die Vorstellung eines kommenden 
Gewitters aus, und zwar geschieht das mit hilfe von Assoziationen, 
die sich auf Grund früherer Erfahrungen gebildet haben. Wenn wir 
in einer Gemäldeausstellung ein Stilleben sehen, so empfinden wir 
nicht nur das Bild als solches, sondern uns kann auch, wenn die 
begenstände besonders appetitlich dargestellt sind, „das Wasser im 
Munde zusammenlaufen“, trotzdem wir ganz genau wissen, daß es 
sich ja um nichts Eßbares, sondern nur um Gemaltes handelt. Die 
Assoziationen erregen Eßlust. Empfindungen wie Vorstellungen 
können noch von Gefühlen begleitet werden, die Lust oder Unlust 
ausdrücken. 
Die Vorstellungen beherrschen das Traumbild. Es ist nicht wie 
ein vom körperlichen Auge aufgenommenes und vom geistigen Auge 
empfundenes Bild, also nicht gegenständlich, greifbar, sondern ver— 
waschener, blasser, undeutlicher. 
Der Ablauf der Assoziationen ist nun im Traume nicht so wie 
im Wachen. Es sind gewisse Dorstellungsgebiete ganz ausgeschaltet. 
sieht man 3. B. im Wachen das Bild eines Verstorbenen, so wird 
sofort mit der Empfindung des Bildes die Vorstellung erweckt, daß 
der Dargestellte nicht mehr lebt. Sieht man dagegen sein Bild im 
Traume, so fällt in der Kegel diese Vorstellung ganz weg. Man ver⸗ 
hehrt mit ihm wie mit einem Lebenden und denkt gar nicht daran,
	        
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