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Wachen beschäftigt. Eine Bestätigung findet diese Beobachtung in
einer Novelle des in psfychologischer Beziehung nie versagenden
Dostojewski, betitelt „Der Traum eines lächerlichen Menschen“;
der held, der sich den Tag über mit Selbstmordgedanken beschäftigt
hat, schläft angekleidet, nachdem er den geladenen Revolver neben
sich auf den Tisch gelegt, ein und träumt so lebhaft, er habe sich er⸗
schossen, daß er sich beim Erwachen nicht in die Tatsache, daß er
noch lebe, hineinfinden kann.
Diese besonders lebhafte Traumerinnerung, auf die wir später
noch zurückkommen werden, findet sich häufig bei naiven Menschen,
sowohl bei Kindern, als auch bei Leuten, die auf der kindlichen Ent⸗
wicklungsstufe des Geistes stehen geblieben sind, wie der bekannte
Kaspar hauser, der seine ganze Jugendzeit hindurch von allem
menschlichen Verkehr abgeschlossen war und jeglicher Ausbildung er⸗
mangelt hatte, und, als er in menschliche Gesellschaft gekommen war,
wie wir L. Feuerbachs Schilderung entnehmen, zunächst jeden
Traum für Wirklichkeit hielt, dann aber auch bei allen primitiven
Völkerschaften. Wahrscheinlich ist aller Geisterglaube aus Träumen
entsprungen. Die hexen, Druden, Alben ähneln Traumgestalten und
haben etwas Wesenloses an sich, wie diese. Wenn es sich so verhält,
daß sie in der Cat den Träumen ihre Entstehung verdanken, ist auch
das ein Zeichen für die Unzuverlässigkeit der Traumerinnerung.
Wir müssen also bei der Bearbeitung des gesammelten Traum—
materials in Erwägung ziehen, daß die unzureichende Traumerinne—
rung manche Entstellung auf dem Gewissen hat, und daß große Vor⸗
sicht angebracht ist.
Ein anderer Weg zur Gewinnung von Material für die Traum—
forschung ist der, Versuchspersonen zu bestimmten Zeiten aus dem
Sschlaf zu erwecken und sich ihre Träume erzählen zu lassen. Maury
machte solche Versuche an sich selbst. Er legte sich in bestimmter Lage
zum Schlafe nieder und ließ sich nach verschieden langen Zeiträumen
wecken. Sofort nach dem Erwachen schrieb er die Träume auf. Die
Person, die ihn weckte, mußte Buch über alle Erscheinungen führen,
die während des Schlafes und nach dem Erwachen auftraten. Dieses
Derfahren war aber für Maury so anstrengend, daß er nerven—⸗
leidend wurde. Weygandt, der sich ebenfalls wecken ließ, gewöhn⸗
lich zur Seit des tiefsten Schlafes, hatte sehr unbefriedigende Er—⸗
zebnisse. Oft wußte er nicht, ob er überhaupt geträumt hatte, oft
fehlte jegliche Crinnerung. — Um so gesammelte Träume wissen⸗