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Eine wichtige Frage ist, ob der Zustand der Hypnose zu einer
körperlichen und geistigen Mehrleistung befähigen kann.
Ohne Frage kann es in der Hypnose zu einer bedeutenden Steige—
rung der Muskelkraft kommen. Das haben wir schon bei der kata—
leptischen Brücke sehen können. Serner ist durch sehr schöne Ver—
suche von Trömner nachgewiesen worden, daß durch die Hhypnose
die Empfindlichkeit gegen einen Lichtreiz ungefähr um das 100fache
gesteigert werden kann. Eine erhebliche Verschärfung ließ sich auch
für die Gehörsempfindung und das Tastgefühl nachweisen. Ferner
kann ein sonst Schüchterner und Unsicherer durch den Fortfall der
ihn in der Entfaltung seiner ganzen Anlage hindernden hemmungen
in der Hypnose einen schnelleren und exakteren Ablauf gewisser
Sseelentätigkeiten erfahren. Im ganzen aber ist zu betonen, daß
dem Hypnotisierten keine neuen Kenntnisse zufließen. Wenn es
auch gelingt, dem Hypnotisierten Tatsachen ins Bewußtsein zurück—
zurufen, die seinem Tagesbewußtsein völlig entschwunden waren,
wenn auch eine Steigerung des Gedächtnisses sicher nachgewiesen ist.
Neues läßt sich nicht erwecken. So wird 3. B. der Befehl: „Sagen
Sie einen französischen Satz!“ nur dann ausgeführt werden können,
wenn der Betreffende im wachen Zustande Französisch sprechen kann.
Die in der Hypnose erreichbare Verschärfung der Sinne erklärt
manche zunächst unbegreifliche CLeistung von Somnambulen, die man
früher okkulten Kräften zugeschrieben hat. Der hypnotisierte kann
aber weder in die Zukunft schauen und kommende Ereignisse vor—
hersagen, noch tritt er in Verkehr mit irgendwelchen Geistern, wie
das der Spiritismus behauptet.
Bisher haben wir die Wirkungen besprochen, die sich in den
drei verschiedenen Stadien der Hypnose erzielen lassen. Schon früh
stellte man fest, daß sich fast alle im hyypnotischen Zustande erreich⸗
baren Erscheinungen auch in die Zeit nach dem Erwachen verlegen
lassen. Diese als posthypnotische Erscheinungen bezeichneten
Tatsachen kennzeichnen so recht den gewaltigen Einfluß, den die
Hhypnose auf das gesamte Seelenleben auszuüben vermag. Ein Bei—
spiel mag zunächst erläutern, wie hier die Verhältnisse liegen. In
tiefer Narkose erteile ich einem mir fernstehenden Manne folgen—
den Befehl: „Nach dem Erwachen werden Sie vor mir drei tiefe
Verbeugungen machen, mich dann auf die Schulter klopfen und
sagen: Nun, alter Freund, wie geht es Ihnen?‘ Sie werden sich