Full text: Sammelband

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haben; nur insofern ist die Narkose oder ein ihr ähnlicher Zustand 
wohltätig zu nennen, als Sinnesreize nicht oder nur unvollkommen 
empfunden werden, der Körper mithin eine gewisse KRuhe genießt, 
aber keine Erholung. Alle die narkotischen Mittel aber, wie 3. B. 
Opium, Morphium, Alkohol, haben auch noch, besonders bei wieder— 
holtem Gebrauch, einen nachteiligen Einfluß auf das Nervensiystem: 
sie schädigen durch ihre Giftwirkung die Nervenzellen in beträcht⸗ 
lichem Maße. 
Der vom Opium erzeugte schlafähnliche Zustand ruft sinnlich 
üppige Phantasiebilder hervor; sie und das angenehme Dahindäm⸗ 
mern, das den Opiumrausch einleitet, sind die Ursache, daß nicht 
nur im Orient Millionen, sondern auch in England Unzählige opium⸗ 
süchtig sind und das Mittel rauchen oder essen. Die erotischen Bilder 
des Opiumrausches hat Berlioz im vierten und fünften Satze seiner 
Phantastischen Symphonie mit glühenden Farben zu schildern ver—⸗ 
sucht; ihm schwebten dabei die Visionen eines mit Opium vergifteten 
Künstlers vor. — ähnliche Wirkungen wie Opium hat auch das als 
haschisch bezeichnete, in Ostasien viel genossene Harz des indischen 
hanfes, Cannabis indica. 
Das bekannteste „Schlafmittel“, das aus dem Opium gewonnene 
Morphium, bewirkt ebensowenig wie das Opium einen echten Schlaf, 
sondern betäubt. Auch der Alkohol, dessen Wirkungen ja allgemein 
bekannt sind, schläfert nicht ein, sondern ruft einen Betäubungs— 
zustand hervor. 
Die zur Vornahme chirurgischer Eingriffe künstlich mit Chloro— 
form und äüther eingeleiteten Narkosen haben mit dem Schlafe nichts 
zu tun, da sie noch mehr als die genannten narkotischen Mittel jeg— 
liche Erholung ausschließen. Es sind Vergiftungen, deren Wirkung 
erst schwindet, wenn das Gift völlig aus dem Körper entfernt ist. 
Das dauert aber, wie jeder weiß, der eine solche Narkose am eigenen 
Leibe erlebte, oft erheblich länger, als die Betäubung anhält. Chloro⸗— 
form und äther wirken besonders auf die Teile des Gehirns, die 
für die Schmerzempfindung maßgebend sind. Der Narkotisierte fühlt 
den Schmerz nicht, der Schlafende dagegen wird durch jeden schmerz⸗ 
haften Reiz erweckt. 
Über die zahlreichen sonst in der Medizin als Schlafmittel üblichen 
Arzneien zu reden, fällt aus dem Rahmen unserer Aufgabe. Nur so 
viel sei erwähnt, daß es anscheinend Mittel, die direkt den Schlaf 
hervorrufen, nicht gibt. Meist beruht ihre Wirkung darauf, daß
	        
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