irgendeiner Weise nicht so zusammengesetzt ist, wie es der normale
Mensch zur regelmäßigen Sortführung aller Lebenserscheinungen
braucht, haben ein übermäßiges Bedürfnis nach Schlaf im Ge—
folge. Eine eigentliche Schlafsucht gibt es jedoch nicht. Den Alten
war ein solches Krankheitsbild geläufig; fragte man doch damals
weniger nach der Ursache der Krankheit, als nach ihren Erschei—
nungen. Der um den Beginn unserer Seitrechnung lebende berühmte
römische Arzt Celsus, der ein Buch über die Arzneiwissenschaft
geschrieben hat, empfahl, die Schlafsüchtigen durch Senf, den man
ihnen unter die Nase hielt, zum Erwachen zu bringen, während er
zur endgültigen Heilung Bibergeil vorschlägt; Plinius wollte die
Schlafsucht mit Asche aus Wieselleber beseitigen. In Westböhmen
pflegt man noch heute den Schlaf dadurch zu vertreiben, daß man das
herz einer Fledermaus bei sich trägt.
Andererseits ist aber das Volk ängstlich bemüht, nicht das Gegen—
teil der Schlafsucht, die Schlaflosigkeit, aufkommen zu lassen.
indern, die nicht einschlafen können, legt man in St. Gallen ein
Stück Baummistel als Schlafkraut unter das Kissen. An Stelle der
Mistel dient anderwärts ein Gallapfel am hagebuttenzweig, der der
Kosengallwespe, Rhodites rosae, seine Entstehung verdankt; in Tirol
nennt man ihn „Schlafputzen“. Wahrscheinlich ist das auch das uralte
Mittel, das, als Schlafdorn bezeichnet, in der Edda Odin benutzt, um
die ungehorsame Brunhild in Schlaf zu versenken.
Daneben braucht das Volk auch innerliche Mittel zur Ein—
schläferung. Hasenfleisch, hasenhirn, hasengalle in Wein, Halgalle
in Wein sollen den Schlaf befördern. Das sind harmlose Mittel, gegen
die niemand etwas einwenden kann. Sehr zu bekämpfen ist aber die
Unsitte, die man 3. B. in der Schweiz und Württemberg findet, den
Uindern eine Abkochung von Mohnköpfen („Klepperles“) zu reichen,
um sie einzuschläfern; in einem solchen Getränk ist Opium enthalten,
und das ist Gift, nicht nur für Kinder.
Opium ist der eingedickte Milchsaft des Schlafmohns, Papaver
Somniferum var. glabrum. Es ist viel mehr ein Betäubungs- als ein
Tinschläferungsmittel, und der von ihm hervorgerufene Zustand ent—⸗
spricht mehr einer Narkose als einem schlafähnlichen Zustande.
Die Narkose unterscheidet sich dadurch vom Schlaf, daß in ihr
kein Wiederaufbau der durch die Tätigkeit der Zellen verbrauchten
Stoffe stattfindet; und das ist das Wesentliche am Schlafe, daß in
ihm ersetzt wird, was Geist und Körper zu ihrem Bestande nötiqg