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Diese Keizschwelle ist nun manchmal außerordentlich niedrig, wenn
es sich nämlich um Reize handelt, auf die der Mensch schon im Wachen
sehr stark eingestellt ist, die einen Gegenstand betreffen, der im
Mittelpunkte seines ganzen Denkens steht. Eine Mutter wird bei
dem geringsten Laute, den ihr kleines Kind von sich gibt, erwachen,
während der Vater und die Geschwister ruhig weiterschlafen; bei
bder Krankenschwester, die neben ihrem Schutzbefohlenen sich zur Ruhe
gelegt hat, wird eine für andere kaum wahrnehmbare Bewegung,
ein schwaches hüsteln des Uranken genügen, um den Schlaf zu unter⸗
brechen; ein leises Anschlagen der Nachtklingel wird den Arzt, ein
mäßiges Läuten der Alarmglochke den Feuerwehrmann erwecken.
Zrandès erzählt von einem Hasardspieler, der den ganzen Tag
über nichts tat als spielen, daß sein Schlaf sofort unterbrochen wurde,
wenn man ihm einen Vorschlag zum Spiel machte. Was also m Tage
bas Seelenleben beherrscht, verliert auch im Schlaf seine Maͤcht nicht.
— Bisweilen kann man von schlafenden auf eindringliche Fragen
undeutliche Antworten bekommen; Geheimnisse aus ihnen heraus—
zulochken, wird aber ausgeschlossen sein. Wenn nämlich der Mensch
sich irgendwie bedroht fühlt, erwacht er leichter als sonst; in diesem
ssinne wirkt 3. B. schon ein ganz geringfügiger Brandgeruch.
Übrigens kann auch das Aufhören gewohnter Sinneseindrücke
das Erwachen zur Folge haben. Der Müller wacht auf, wenn seine
Mühle stillsteht; das einförmige Geklapper, das aber für ihn einen
tieferen Sinn hat und ihm die Überzeugung gibt, daß sein Betrieb
ungestört ist, beherrscht auch noch im Schlafe seine Vorstellungen
so sehr, daß jede Unterbrechung ihn beunruhigt und ihn erweckt.
Der Müde, der während der Predigt in der Uirche eingeschlummert
ist, erwacht, wenn der Prediger eine Pause eintreten läßt, wie das
in den Schlaf gesungene Kind, sobald die Sängerin mit ihrem Liede
aufzuhören versucht.
Man hat es bis zu einem gewissen Grade selbst in der Gewalt,
aufzuwachen. Nimmt man sich am Abend vorm Einschlafen fest vor,
um eine bestimmte Stunde aufzuwachen, so kann dieser Gedanke
auch im Schlafe so vorherrschend sein, daß tatsächlich das Erwachen
wie gewünscht eintritt. Ob man nun außerdem, wie es gern ge—
schieht, die Stunde auf einen Settel schreibt und diesen unter das
UNopfkissen legt, oder die Stundenzahl mit dem Fuß an das Bettende
klopft, tut natürlich gar nichts zur Sache; der Kernpunkt bleibt, daß
auch bei diesen Mittelchen der Gedanke an das Erwachen zur be—