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Stärke, die sogen. Reizschwelle, überschritten haben, um von uns
wahrgenommen zu werden. Je stärker aber der zum Erwecken nötige
Keiz ist, je höher mithin die Reizschwelle liegt, desto tiefer ist unser
Schlaf. Wir können also, wenn wir die Stärke des Weckreizes messen,
hieraus einen Schluß auf die Ciefe unseres Schlafes machen. Die
ersten derartigen Untersuchungen stellte auf Anregung des Natur—
philosophen Fechner sein Schüler Rohlschütter an. Er ließ einen
über 50 em langen Pendelhammer aus verschiedener höhe auf eine
Schieferplatte fallen, die in ganz bestimmter Entfernung vom Ohr
des Schlafenden angebracht war. Je größer die Sallhöhe des Pen-
dels, desto lauter war der erzeugte Ton. Zu verschiedenen Stunden
nach dem Einschlasen wurde nun bei verschiedenen Personen die Schall⸗
stärke die nötig war, um den Schläfer zu erwecken, aufgezeichnet.
Auf diese Weise wurde festgestellt, daß der Schlaf sehr schnell seine
größte Tiefe erreicht, die zwischen die erste und zweite Stunde nach
dem Einschlafen fällt; dann verflacht er, erst schnell, dann immer lang⸗
samer, bis er gegen Morgen mehrere Stunden oberflächlich bleibt.
Tbenso verhielt sich der Schlaf bei allen Gesunden, die Vohlschütter
prüfte. Bei Kranken dagegen wurde oft eine zweite Vertiefung
des Schlafes gegen Morgen festgestellt. Danach hat also der Volks-⸗
mund recht, wenn er behauptet, daß der Schlaf vor Mitternacht
der gesündeste sei, denn, wie wir später sehen werden, müssen wir
in der Tat den tiefsten Schlaf auch für den gesündesten halten.
Kohlschütters Versuche wurden von anderen wiederholt;
nur ein Teil der Forscher benutzte Schallreize; die andern versuchten
durch elektrisaeꝛ Ströme, durch schmerzhafte Berührungen, durch
starke CLichteindrücke die Tiefe des Schlafes festzustellen. Es bestätigte
sich, daß die meisten Menschen schnell zwischen der ersten und zweiten
Stunde nach dem Einschlafen die größte Schlaftiefe erreichen; dann
verflacht der Schlaf, erst schnell, dann langsamer. Außer diesem
„Abendtypus“ des Schlafes gibt es aber noch einen Morgen—
typus“; seine größte Tiefe wird erst mehrere Stunden nach dem
Einschlafen erreicht, hält aber länger an. — Erquickender ist der
Abendtypus; der Schläser ist dabei frühmorgens völlig frisch und
leistungsfähig, während man beim Morgentypus erst einige Zeit
braucht, um die Müdigkeit zu überwinden, und erst gegen Abend
die größte Arbeitskraft erreicht.
Alle Erfahrungen weisen darauf hin, daß die Tiefe des Schlafes
bei weitem wichtiger für die Erquichkung des Körpers ist als seine