— 10 —
Ohr, nahm ihm also die Möglichkeit, mit den ihm verbliebenen
zinnen etwas von der Außenwelt wahrzunehmen, so verfiel er schon
nach wenigen Sekunden in Schlaf.
Wir können hieraus ersehen, daß die Fernhaltung von äußeren
Sinneseindrücken eine wesentliche Bedingung für das Einschlafen ist.
Sie genügt aber beim normalen Menschen noch nicht. Auch unser
inneres Seelenleben muß zur Kuhe kommen. Das entspricht durch⸗
aus unserer täglichen Erfahrung. Haben wir eine Rufregung irgend⸗
welcher Art gehabt, eine Gemütserregung erlitten, oder sind wir
mit einer wichtigen Aufgabe oder einer Überlegung beschäftigt, die
uns nicht losläßt, dann ist es unmöglich, einzuschlafen. Der Schlaf
sttellt sich erst ein, wenn wir auch geistig einigermaßen einen Ausgleich
gefunden haben.
Sind nun die Sinnesreize ausgeschaltet und ist unser Seelenleben
zu einem gewissen Abschluß gekommen, so tritt plötzlich der Rugen-
blick des Einschlafens ein. Über das kurze Übergangsstadium, das
ihm vorausgeht, vermag sich wohl kaum jemand KRechenschaft abzu⸗
legen. Die wenigen Sinneseindrücke, die noch übrig geblieben sind,
werden undeutlich, es blitzen wohl einige Reste der Tagestätigkeit
auf, die schemenhafte Bilder vorgaukeln können; etwaige Unlust⸗
gefühle machen einer behaglichen Stimmung Platz; plötzlich ist man
sich seiner nicht mehr bewußt — man ist eingeschlafen.
Das Bild des Schlafenden hat immer wieder zu Vergleichen mit
dem Tod herausgefordert. Für die Elten war der Schlaf der Bruder
—E—
aber Leben ist, so ist es der Schlaf. Auch äußerlich ähnelt der Schla—
fende keineswegs dem Coten. Sein Gesicht ist gewöhnlich leicht ge⸗
rötet, so daß der Ausdruck „Schlafbacken“ geradezu sprichwörtlich
geworden ist. Leise und zart regen sich die Nasenflügel, langsam
hebt und senkt sich in ruhigem Atmen die Brust. Die Atmung geht
langsamer als im Wachen vor sich, dafür aber viel regelmäßiger
und tiefer, denn äußere Einflüsse, die sie verändern könnten, wie
im Wachen körperliche Anstrengungen und seelische Erregungen,
fehlen gewöhnlich. Das hat auch Einfluß auf die Tätigkeit des her⸗
zens. Der Puls des Schlafenden ist regelmäßiger und gleichförmiger
als der des Wachenden; doch ist die Sahl seiner Schläge vermindert.
Wie schon erwähnt, ist die Absonderungstätigkeit der Drüsen
während des Schlafes herabgesetzt. Tränen, Nasenschleim, Speichel
fließen spärlicher als im Wachzustande. Die Verdauung sowie der