— 89 —
*.
hH
T
ß
4
könnte kein Mensch auf die Dauer leben, aber sie ist ein Nahrungs—
mittel, da sie zur Herstellung der Rahrung einen wichtigen Stoff,
die Stäärke, in ansehnlichen Mengen mitbringt. Mit Milch und Kar⸗
toffeln, mit Speck und Kartoffeln ließe es sich ganz prächtig
leben. Wir machen allerhand aus der Kartoffel, nicht nur Speisen
und nicht nur, indem wir sie an unsere Hhaustiere verfüttern, Fleisch
und SFett, sondern auch Spiritus und feine Branntweine — in man—⸗
chem französischen Kognak geht der „Geist“ der deutschen Kartoffel
um —, wir verwenden sie als Rohstoff der Stärkezuckererzeugung,
als Kleister in der Gewebespinnerei, um auf billigen Baumwoll-
toffen die Farben haltbar aufzutragen usw. — Wir haben der Kar—
toffel sehr viel Liebe entgegengebracht, und sie hat sie uns in Treue
dergolten. In den letzten Jahrzehnten haben wir ihr einen
immer wachsenden Platz unseres Ackerlandes eingeräumt, der gegen⸗
wärtig rund 3,3 Millionen Hektar beträgt. Als Entgelt für diese
sorgsam beobachtende Liebe zum Zweck ihrer bestmöglichen Entwick⸗
lung hat sie immer reichere Erträge geliefert; im Jahrfünft 1878
bis 1883 waren es 77 de auf den Hektar, im Jahrfünft 19105 1914
jar 136 de, demnach eine Steigerung von 7600. Im Durchschnitt
der Jahre 1910- 1914 betrug der jährliche Kartoffelertrag in
Deutschland 45,55 Millionen Tonnen, davon betten wir alljährlich
6b,5 Millionen Tonnen als Saatgut in die Erde, 16,6 Millionen Ton—
llen werden verfüttert, 13 Millionen Tonnen essen wir selber,
5 Millionen Tonnen geben wir als Kohstoff an die Kartoffelindustrie
ab und der Rest von 4,5 Millionen Tonnen? Der veratmete und ver—
faulte. Jetzt nicht mehr. Parsimonia est magnum vectigal, sagt der
Lateiner, d. h. Sparsamkeit ist eine große Einnahme. Wenn es sich
darum handelt, ein wasserreiches Nahrungsmittel haltbar zu machen,
so ist Trocknung das am besten zum Ziele führende Verfahren. Dies
wird auch bei der Kartoffel zur Anwendung gebracht, entweder indem
man die rohe, ungeschälte Kartoffel zerschnitzelt und diese Schnitzel
in heißer Luft oder mit Feuergasen trocknet, oder indem man die ge—
dämpften, ungeschälten Kartoffeln zu einer breiigen Masse zer—⸗
kleinert und diese über erhitzte Walzen leitet, wodurch sie innerhalb
einiger Minuten trocken und flochkig werden (Flockenkartoffel). Ver⸗
mahlt man diese Slocken, die in der ursprünglichen Form Tierfutter
sind, und siebt das Mehl von der Schale ab, dann erhält man das
Kartoffelwalzmehl, das als Streckmittel unseres K-Brotes diente und