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gen, die durch Fermente ausgelöst werden und die Kartoffelstärke
in lösliche Kohlenhydrate, in Zucker und Dextrin verwandeln. Wird
dieser Umsetzungsvorgang durch starke Abkühlung (Frost) plötzlich
unterbrochen, kann der gebildete Zucker nicht verbraucht werden,
so bleibt er übrig und gibt den gefrorenen Kartoffeln den ungewohnt
süßen Geschmack. Erfrorene Kartoffeln sind keineswegs für die
menschliche Ernährung ungeeignet; durch Cinlegen in kaltes Wasser
bor dem Verbrauch (12-20 Stunden, je nach dem Grade der Ge—
frierhärte) verlieren sie den süßen Geschmack und sind gut ver—
wenobar. Zu einer Zuckerbildung und einem SsSüßschmecken kann
es auch im Frühjahr kommen, wenn die Kartoffeln warm lagern und
zu keimen beginnen. Auch hier löst sich ein Teil des Stärkemehls,
unter Erzeugung von Zucker und Dertrin. Diese beiden Stoffe wer⸗
den zur Zellbildung der jungen Keime verwendet.
Canglagernde Kartoffeln verlieren allmählich ihr glattes,
pralles Aussehen, werden infolge Wasserverdunstung und Stoff—⸗
oerlustes runzlig, beim Kochen schliffig, und geschmacklich, aber
nicht dem Nährwerte nach, minderwertig. Beim Keimen der Kar—⸗
toffel bildet sich in den Keimen ein giftiger Körper, das Solanin, wes⸗
halb die Keime entfernt werden müssen, da sonst der Genuß solcher
Nartoffeln gesundheitsschädliche Wirkungen auslösen kann. Die
meisten Erkrankungen, die auf Genuß „giftiger“ Kartoffeln, also
auf Solaninwirkung, zurückgeführt werden, sind jedoch in Wirklich⸗
keit von (durch Kleinlebewesen) verdorbenen Rartoffelgerichten ver⸗
ursacht. Der Solaningehalt der frischen, ungeschälten Kartoffel be⸗
trägt etwa 0,04 8 für 1Kg, er steigt im März und April auf 0,08
bis 0, 090 g, bis Juli auf O,1-0, 116 g. Da Solanin erst bei Gaben
boon 0,2-0, g giftig wirkt, so sind derartige Mengen in den Kar—⸗
toffeln nicht ausreichend, um eine Vergiftung herbeizuführen.
Natürlich ist es geboten, alles zu tun, um eine Sola—
ninentwickhlung zu vermeiden. Dazu gehört eine sachgemäße
Aufbewahrung in kühlen, trockenen Kellern, eine Auslese aller
Nartoffeln mit verletzter Schale, da an diesen Stellen Fäulnis⸗
vorgänge zunächst auftreten, und — nicht zu vergessen — eine
reinliche Küchenbehandlung aller aus Kartoffeln bereiteter Speisen,
namentlich bei Salaten, denen man keine lange Aufbewahrungs⸗
dauer zumuten darf. Fett und Ciweiß fehlen der Kartoffel, darum
ist sie zwar keine vollkommene Nahrung, d. h. von Kartoffeln allein