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Wenn die Bierbrauer vom bier sagen, es sei flüssiges Brot, so kann
auch der Bäcker von jedem hefenbrot sagen, es sei ein gegorenes und
durch Backen fest gewordenes Bier, denn auch die Ceigbereitung ist ein
Gärungsvorgang. Die für Teiglockerung verwendete hHefe ist eine
pflanze und bedarf zu ihrer Vermehrung der Stoffe, aus denen sie
selbst besteht, nämlich Stärke, Eiweiß und Salze. Diese Stoffe
müssen in einer Form vorliegen, daß sich die hefe auch ihrer wirk⸗
lich bedienen kann; mit gelöster oder gar trockener Stärke kann die
hefe nichts anfangen, dagegen vermag sie auf die zu Zucker umge⸗
wandelte Stärke einzuwirken. Das gesamte Gärungsgewerbe beruht
auf dieser Lebenstätigkeit der hefe. Auch ECiweißabbauprodukte sind
Nahrung für die hefe, z. B. das Ammoniak und die Ammoniakhsalze.
Dersetzt man Zuckerlösungen mit solchen Ammoniaksalzen und impft
das Ganze mit Hefe, so vermehrt sich diese immer mehr und erzeugt
neue Hhefemengen, d. h. da die Hefe Eiweiß enthält, vermehrte Ei—
weißmengen. Die herstellung von Futterhefe ist eine durch hefe er—
zeugte Eiweiß neu bildung.
5u der herstellung eines Kuchens oder von Semmeln nehmen
Köchin und Bäcker Weizenmehl, rühren es mit Wasser oder Milch
an und setzen diesem Teige Preßhefe, d. i. eine Ansammlung von
Tausenden von Hefeeinzelzellen, zu. Im warmen Küchen- und Back—
raum sind nun alle Bedingungen für die Lebenstätigkeit gegeben,
die Hefe sitzt, wie der Vogel im hanfsamen, und braucht nur nach
ihren Lebensmitteln, nämlich der Stärke des Weizenmehles und dem
Tiweiß des Weizenmehles, zu greifen und das Ergriffene in sich auf⸗
zunehmen. Da aber das Stärkemolekül wie auch das Eiweißmolekül
nicht ohne weiteres durch die äußere Zellschicht der Hefezelle dringen
können, so kommt ihnen die Hefe in der Weise entgegen, daß sie aus
ihrem eigenen Ciweißvorrat sogen. Fermente absendet, die imstande
sind, die Stärke in Zucker, das Eiweiß in eine aufnahmfähige, ver—
dauliche Form überzuführen. Den Zucker zerlegt die Hefe in seine
Bestandteile: Kohlensäure und Alkohol. Beide verlassen die hHefe—
zelle in gasförmigem Zustande und bilden im zähen Teige kleine
hohlräume um jede Hefezelle; der Teig dehnt sich infolgedessen aus,
er „geht“, sagt die Köchin, er hat die richtige „Gare“, sagt der Bäcker.
Ist dieser Zustand erreicht, so kommt bekanntlich Kuchen und Weiß-
gebäck in den warmen Ofen, wo eine weitere Ausdehnung des Gases
und daher eine Porenbildung im Teige stattfindet. Die Ofenwärme