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absichtlich zu trochnen. Noch heute bestehen die Maiskuchen der
serbischen und bulgarischen Bauern, das Brot der Perser, der Ar—
menier u. a. aus einem dünnen Fladen festen unaufgegorenen Teiges.
In den rituellen Gebäckformen der hostie und der jüdischen Matzen
ist ebenfalls noch die Urform des Brotes bewahrt. Durch zufälliges
hineingeraten von Kleinlebewesen der Luft wurde der für mehrere
Tage im voraus bereitete Teig mit der Zeit sauer und locker; diese
Beobachtung mag zur bewußten Vermengung des Teiges mit dem
Rückstande gärender Flüssigkeiten geführt haben. Aber erst in un—
serer Zeit wurde dieser Vorgang von Schwann, Cagniard de Latour
und endlich Pasteur als eine Hefewirkung erkannt.
Unter Brot versteht man ein aus Mehl und Wasser, etwas Salz,
bisweilen mit Fett, Milch und Gewürzen durch Auflockerungsmittel
(Hefe, Sauerteig, Backpulver) hergestelltes Gebäck. Rechtes Brot ist
nahrhaft und bekömmlich, es widersteht auch bei langem, stetem
Genuß nicht, es ist immer genußfertig, lange haltbar, es hat keinen
ausgesprochenen, aber einen guten Geschmack. Aus Getreide und
Getreidemehlen läßt sich wohl auch verschiedenes andere zubereiten,
aber nichts erfüllt die ernährungswissenschaftlichen Ansprüche so voll⸗
kommen wie gutes Brot. Diesen Vorzug verdankt das Brot allen
jenen Bestandteilen, die zwar im Mehl schon vorhanden sind, aber
erst von dem Augenblicke an wirksam werden, wo der Hauptbestand⸗
teil des Mehles, die Stärke, in einen gequollenen Zustand überge—
führt wird. Würden wir Mehl essen, so würde nur ein kleiner
Bruchteil seiner Stärkekörner durch einen im menschlichen Speichel
vorhandenen Körper, die Speichel-Diastase, abgebaut, aufgelöst und
für den Körper nutzbar gemacht werden; der größte Teil der Stärke⸗
körner würde unsere Verdauungswege unverändert und nutzlos
durchlaufen. Durch Zusatz von Wasser werden die Zellwände der
Stärkekörner zersprengt, die Stärke nimmt Wasser auf, sie quillt.
Dieser Quellungszustand genügt den Verdauungssäften des mensch⸗
lichen Körpers, um die Stärkekörner derart weiter zu verändern,
daß sie nun für die Ernährung nutzbar werden. Ein wässeriger
Mehlbrei ist also schon ein weit höherwertiges Nahrungsmittel, als
sein Rohstoff, das Mehl. Durch die Einteigung und die Einwirkung
der Backhitze wird der Mehlbrei überdies noch weiter gelockert und
damit den Verdauungssäften noch leichter zugänglich. Wie dies alles
im Brot erfolgt, soll uns nun etwas näher beschäftigen.