Full text: Sammelband

78 — 
absichtlich zu trochnen. Noch heute bestehen die Maiskuchen der 
serbischen und bulgarischen Bauern, das Brot der Perser, der Ar— 
menier u. a. aus einem dünnen Fladen festen unaufgegorenen Teiges. 
In den rituellen Gebäckformen der hostie und der jüdischen Matzen 
ist ebenfalls noch die Urform des Brotes bewahrt. Durch zufälliges 
hineingeraten von Kleinlebewesen der Luft wurde der für mehrere 
Tage im voraus bereitete Teig mit der Zeit sauer und locker; diese 
Beobachtung mag zur bewußten Vermengung des Teiges mit dem 
Rückstande gärender Flüssigkeiten geführt haben. Aber erst in un— 
serer Zeit wurde dieser Vorgang von Schwann, Cagniard de Latour 
und endlich Pasteur als eine Hefewirkung erkannt. 
Unter Brot versteht man ein aus Mehl und Wasser, etwas Salz, 
bisweilen mit Fett, Milch und Gewürzen durch Auflockerungsmittel 
(Hefe, Sauerteig, Backpulver) hergestelltes Gebäck. Rechtes Brot ist 
nahrhaft und bekömmlich, es widersteht auch bei langem, stetem 
Genuß nicht, es ist immer genußfertig, lange haltbar, es hat keinen 
ausgesprochenen, aber einen guten Geschmack. Aus Getreide und 
Getreidemehlen läßt sich wohl auch verschiedenes andere zubereiten, 
aber nichts erfüllt die ernährungswissenschaftlichen Ansprüche so voll⸗ 
kommen wie gutes Brot. Diesen Vorzug verdankt das Brot allen 
jenen Bestandteilen, die zwar im Mehl schon vorhanden sind, aber 
erst von dem Augenblicke an wirksam werden, wo der Hauptbestand⸗ 
teil des Mehles, die Stärke, in einen gequollenen Zustand überge— 
führt wird. Würden wir Mehl essen, so würde nur ein kleiner 
Bruchteil seiner Stärkekörner durch einen im menschlichen Speichel 
vorhandenen Körper, die Speichel-Diastase, abgebaut, aufgelöst und 
für den Körper nutzbar gemacht werden; der größte Teil der Stärke⸗ 
körner würde unsere Verdauungswege unverändert und nutzlos 
durchlaufen. Durch Zusatz von Wasser werden die Zellwände der 
Stärkekörner zersprengt, die Stärke nimmt Wasser auf, sie quillt. 
Dieser Quellungszustand genügt den Verdauungssäften des mensch⸗ 
lichen Körpers, um die Stärkekörner derart weiter zu verändern, 
daß sie nun für die Ernährung nutzbar werden. Ein wässeriger 
Mehlbrei ist also schon ein weit höherwertiges Nahrungsmittel, als 
sein Rohstoff, das Mehl. Durch die Einteigung und die Einwirkung 
der Backhitze wird der Mehlbrei überdies noch weiter gelockert und 
damit den Verdauungssäften noch leichter zugänglich. Wie dies alles 
im Brot erfolgt, soll uns nun etwas näher beschäftigen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.