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Körper aufnahmefähig ist, weist uns die Müllerei. Wir müssen daher
zunächst einen flüchtigen Blick in die beiden Werkstätten werfen, in die
der Natur, die das Korn bildet, und in die des Menschen, der das
KUorn zum Mehl umbildet.
Die Serealien oder Getreidearten bergen ihr Samenkorn in ver⸗
schiedenen harten hülsen, den natürlichen Schutzvorrichtungen der
pflanze gegen Schädigungen verschiedener Art, vor allem gegen Tier⸗
fraß. Unter diesen für unsere Ernährung wertlosen Schutzhüllen
befindet sich der Mehlkörper; er ist von einer Schicht starkwandiger,
fast quadratischer, dicht aneinandergereihter Zellen umschlossen, in
denen ein dunkel gefärbter, feinkörniger, mit kleinen Fetttröpfchen
ein wenig durchsetzter Ciweißstoff, das Aleuron (früher Kleber ge⸗
nannt), lagert. Das Samenkorn ist während der ersten KReifezeit
ganz weich, erst allmählich erhärtet es durch Wasserverlust immer
mehr, sowohl in den Schutzhüllen, als auch im Mehlkörper. Die
schutzhüllen verholzen, der Mehlkörper wird fest.
An der geschütztesten Stelle — solange sich das Weizenlrorn
in der hülle befindet, ist diese an der ühre befestigt und dadurch
am meisten gesichert — befindet sich der Keim. Er beginnt zu wach⸗
sen, wenn die Umstände dazu günstig sind. Seine erste Nahrung ent—⸗
nimmt er seiner unmittelbaren Umgebung, d. h. dem Innern des
Betreidekornes, bis er imstande ist, sie mit Würzelchen dem Boden
zu entnehmen. Für die Verbreitung der Art ist dieser Keimling,
der etwa 4000 Eiweiß und 2000 Sett enthält, der wichtigste Teil
des Korns, für die Zwecke, zu denen der Mensch das Korn benutzt,
ist er minder wichtig.“) Den Menschen lockt nur der von der Waben⸗
schicht umgebene mehlige Anteil des Kornes. Um jedoch zu diesem
zu gelangen, müssen alle Umhüllungen sowie das an der Spitze des
Kornes befindliche Bärtchen, das aus feinen, das Getreideinnere mit
der äußeren Luft verbindenden Härchen besteht, entfernt werden.
Nach dieser Entfernung würde der Hauptteil des Kornes, der vor⸗
wiegend aus Stärke, neben etwas Eiweiß und Fett, besteht, bloß⸗
gelegt sein und könnte nun irgendwie in ein feines Pulver ver⸗
wandelt werden. Eine derartige Trennung hat sich jedoch als un⸗
möglich erwiesen, da die Zellhaut, die den Mehlkörper umschließt,
als zartes Gerüst durch das ganze Vorn hindurchgeht. Dieses netz⸗
*) Aus dem Reim wird, infolge unserer Fettknappheit, jetzt das Fett ausgezogen und zur
Margarineerzeugung verwendet: man hofft auf einen jährlichen Ertrag von 10000 t Ol.