Full text: Sammelband

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Wenn wir im folgenden von Milch sprechen, so verstehen wir 
darunter vornehmlich Kuhmilch, obwohl ja auch Siegenmilch, Schaf⸗ 
milch und Stutenmilch als Nahrungsmittel Verwendung finden. Der 
Ziegenmilch wird gegenwärtig infolge der Milchknappheit wieder 
mehr das Wort gesprochen, Schafmilch ist für uns ein seltener Genuß 
geworden; wer sie trinken will, muß nach dem Balkan wandern, zu 
unseren neuen Freunden, den Bulgaren, dort kann er süße, fette 
schafmilch schlürfen und den säuerlichsüßen Lebens, strecker“ Jog⸗ 
hurt löffeln, von dem wir später noch erzählen wollen; wem nach 
Stutenmilch das herz verlangt, müßte nach Südrußland oder in Asiens 
Inneres reisen. 
Die Milch ist eine Flüssigkeit, die in den Milchdrüsen 
der weiblichen Säugetiere nach der Geburt der Jungen während 
längerer Zeit abgesondert wird. über ihren Ursprung und ihre Bil— 
dung war man bis auf die neueste Zeit nicht völlig im klaren. CLange 
Zeit meinte man, sie stamme aus dem Blute, später hielt man sie für 
ein Absonderungsprodukt des Chylus (Derdauungssaftes). Erst die 
analytische Chemie konnte in diese Frage das erste Licht bringen, sie 
hat gezeigt, daß die Milch weder ein einfaches Filtrat des Blutes, 
noch ein Blutumwandlungsprodukt sein könne, denn mit ihrer hilfe 
fand man in der Milch Körper (Nasein und Milchzucker), die sich im 
Blute überhaupt nicht vorfinden, ferner erhebliche Mengen Fett, von 
dem das Blut nur ganz wenig enthält, endlich ist auch die Milchasche 
(der unverbrennliche Anteil eingedickter und verbrannter Milch) ganz 
anders zusammengesetzt (reicher an Kalisalzen) als Blutasche. Damit 
war wohl erwiesen, daß Blut und Milch zwei ganz verschiedene Dinge 
seien, aber noch war keine Klarheit darüber geschaffen, wie sich die Milch 
bilde. Die heute herrschende Ansicht faßt die Milch als ein chemisches 
Produkt einer Tätigkeit auf, die von den Zellen der Milchdrüsen geleistet 
wird; den Rohstoff zu dieser Cätigkeit beziehen diese SZellen wohl aus 
dem Blute; sie arbeiten ihn — der zunächst zu ihrer eigenen Ernährung 
bestimmt ist — in ein Produkt um, das vom Rohstoff ganz abweicht, und 
das wir eben Milch nennen. Je größer und kräftiger diese Milchdrüsen 
in ihrem Entwicklungszustande sind, oder mit anderen Worten je 
wohlausgebildeter das Cuter ist, um so größer ist auch im allgemeinen 
bei Tieren gleichen Körpergewichtes, gleicher Kasse und bei gleicher 
Ernährung die gelieferte Milchmenge. Freilich spielt auch die Er— 
nährung eine gewisse Kolle, indem sie den notwendigen Wiederaufbau
	        
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