— 84 —
die Möglichkeit schaffen, daß der Arm als Ganzes bewegt werden
kann. hängt bei Lähmung des Speichennerven die Hand schlaff
herab, während gleichzeitig die Finger nicht gestreckt (also auch nicht
weiter gebeugt) werden können, so kann man durch geeignete Schienen
hand und Finger heben, dadurch die Beugefähigkeit ausnutzen und
der Hand so viel halt geben, daß sie zur Arbeit gebraucht werden
kann (Abb. 37, 38). Das ist nicht nur von großem augenblicklichem
Vorteil, sondern, da durch die Arbeit die Hand dauernd geübt wird,
ist auch eine Heilungsmöglichkeit, d. h. ein späteres Wiederhineinwachsen
neu gebildeter Nerven selbst nach langer Lähmung nicht ausgeschlossen.
Viele andere Apparate und Schienen werden noch als Hilfe
zur Wiederverwertung der Glieder verwandt. Schienen an den
Füßen, um falschen Stellungen entgegenzuwirken; Bänder und Fe—
dern, um Lähmungsfolgen auszugleichen; Kapseln aus Zelluloid und
Leder, um wackelnden und schlotternden Knien und Ellbogengelen—
ken halt zu geben; Korsette für haltlosen Rumpf und kraftlosen
hals und viele andere Dinge, wie sie der Bedarf in immer wechseln—
den Ansprüchen von uns fordert.
Der Wille siegt! Auch die bejammernswerten helden, denen der
Krieg die Augen zerstörte, die nun zu ewiger Nacht verurteilt sind —
glücklicherweise sind ihrer nicht allzuviele —, sollen empfinden lernen,
daß sie keine Ausgeschalteten, keine Üüberzähligen sind, sondern voll—
wertige Menschen, die sich durch eigene Kraft wieder emporhelfen kön—
nen. Swar ist's nur ein schmaler Steg, der dem Erblindeten übrig
bleibt, zurückzufinden zu werktätiger Arbeit, aber es gibt genügend
Beschäftigungen, in denen sie auskömmlichen Verdienst finden können.
In der Bürsten-, Matten«, Stuhl-, Korbflechterei, in der Anferti—
gung von feinen Arbeiten in Kohr, im Netzestricken, Stichen und
Weben, in der Massage, im Klavierstimmen eröffnen sich lohnende
Gebiete in der Erwerbstätigkeit. Den geistig tätigen Blinden wird
in dem Studium der Sprachen, der Mathematik und Musik, in den
Berufen als Theologe und Jurist ein weites Arbeitsfeld eröffnet.
Es war in der letzten Zeit viel Gerede davon, daß man den Blin—
den das Sehen auf einem Umwege wieder beibringen könne, dadurch,
daß man Lichteindrücke und Bilder in Töne oder Gefühlseindrücke
umwandle. Das ist mit den heutigen Mitteln der Technik durchaus
unmöglich und wird es wahrscheinlich immer bleiben. Man mache
den armen Erblindeten das Leben nicht noch schwerer, indem man