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keit mit der rechten hand in drehender Bewegung wirbeln, um das
Abfließen des flüssigen Glases zu verhindern. Diese drei Finger
also galt es beweglich zu machen. Und nach vielen, vielen Üübungen
kam man soweit, daß eines Tages der Verletzte sich an seiner Arbeit
versuchen konnte und strahlend zurückkam mit dem Freudenrufe:
„Es geht!“
Auf vieles hat der Arzt zu achten: Ein versteifter, besonders
krumm versteifter Finger ist neben den übrigen gesunden hinderlich.
Blieb an der hand nur ein einzelner Finger stehen, so ist er, selbst
wenn er steif oder nur ein Stumpf ist, immerhin noch von großem
Werte. Schief geheilte Endglieder oder haltlose, schlotterig beweg—
liche Finger sind unbrauchbar und hinderlich. Der Verlust des Zeige—
fingers ist weniger schwer, als es auf den ersten Blick scheint,
da durch Gewöhnug der Mittel—⸗
finger sehr bald seine Leistungen
übernimmt. Sehr viel schwerer
wiegt schon der Verlust eines
Daumens. Und wiederum wird
der Ausfall der Beweglichkeit
der Finger an der rechten Hand
viel schwerer empfunden, als
an der linken, außer bei den
Fällen von früherer Linkshän—
digkeit. Doch wird durch übung die linke hand so geschickt, daß der Aus—
fall kaum zu bemerken ist, und wenn schließlich die Hand nicht völlig so
wiederherzustellen ist, daß die alten Werkzeuge und Gerätschaften im
Griffe liegen, dann formt man eben diese Werkzeuge nach dem Einzel—
falle so, daß sie auch für die versteifte hand bequem und hanolich
werden (Abb. 25). Und wenn die eine hand und vielleicht auch der eine
Arm ganz fehlt? Wenn gar die rechte, die Arbeitshand, genommen
wurde? Dann muß man eben mittel und Wege suchen, auch solchen Ver—
letzten noch zu helfen. Für solche Fälle gibt es Ersatzmittel: Künstliche
Arme, die den Verlust ausgleichen und verdecken sollen. Es gibt
aber viele Cinarmige, die ohne jeden Ersatz sich wieder ihrer Arbeit
zugewandt haben und dabei so geschickt geworden sind, daß man
ihnen ihren schweren Verlust kaum anmerkt. Wir achten auf uns
zu wenig, um zu bemerken, wie die Rollen der Tätigkeit auf beide
hände verteilt sind. Der rechten Arbeitshand entspricht die linke