Full text: Sammelband

70 — 
somit ihre eigene, ursprünglich nur auf andere Aufgaben gerichtete 
Tätigkeit. Durch methodische, ärztlich angeordnete Einübung, zu— 
nächst rhythmisch taktmäßige, automatische, geradlinige und kreis— 
förmige Bewegungen gelang es dann, auch die Bewegungsmöglich⸗ 
keit des gelähmten Armes und der hand in wenigen Monaten so— 
weit zu verbessern, daß nach dem Verlassen des Lazaretts der Ver— 
letzte, er war Landwirt, seinen Beruf wieder aufnahm. Freilich 
blieben noch Keste der Erkrankung zurück. Die Bewegungen waren 
roher und ungeschickter, zuweilen traten ungewollte Mitbewegungen 
auf, er ermüdete rascher als ein gesunder Mensch. Immerhin freute 
sich der Verletzte mit dem Arzte, daß der Sehler des Gehirns so 
weitgehend ausgeglichen war. 
In anderen Fällen erlebt man bei Sprachstörungen der Gehirn⸗ 
verletzten, daß sie unter verständnisvoller Anleitung zum Schwinden 
gebracht werden. Auch hier müssen wir annehmen, daß andere Ge— 
hirnteile das Vermögen, die Gedanken in Sprachbilder umzuformen, 
aufgenommen haben, Leile, die bis dahin vielleicht nichts mit dem 
Sprechen zu tun hatten. Unter sachgemäßer Anleitung, je nach der 
Art der Sprachstörungen, wird Wort für Wort dem Sprachschatz wie— 
der einverleibt und täglich eingeübt, bis das geläufige Sprechen wie— 
der hergestellt ist. Allerdings bleiben auch hier Reste, die dem kun— 
digen Beobachter die dagewesenen Störungen verraten. Die Sprache 
ist langsamer, eintöniger, der Wortschatz gering, so daß oft, um etwas 
auszudrücken, Umschreibungen gebraucht werden. Der Arzt erkennt 
in solchen Fällen, wo der Laie einen scheinbar gesunden Menschen 
bor sich zu haben glaubt, fast unmerkbare Defekte, die nach außen 
hin kaum auffallen, aber den Verletzten in seiner Lebenstätigkeit 
oft erheblich beeinträchtigen. Gerade dieser Krieg mit seiner Massen— 
häufung von Gehirnverletzten hat eine Fülle von sorgfältigen Be⸗ 
obachtungen möglich gemacht, die zeigen, wie schwerwiegend diese 
kleinen Mängel für das spätere Erwerbsleben sein können. Eine 
Keihe dieser früher unbekannten Störungen hat Dr. Poppelreuter 
in einem Büchlein „Erfahrungen und Anregungen zu einer Kopf—⸗ 
schuß⸗-Invaliden-Fürsorge“ (Neuwied 1915) niedergelegt und dar⸗ 
auf hingewiesen, wie wichtig und notwendig für diese Verletzten 
eine besondere Fürsorge ist, sie dem Erwerbs- und Berufsleben wie⸗ 
der zuzuführen. 
Schließlich ist der Kranke endgültig „geheilt“, der SZellenstaat
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.