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haut beim Vernarben mit dem Gehirn zu verwachsen, woraus sich
oft als Spätfolge Krampfanfälle ergeben können. Auch daran muß
der vorausschauende Arzt denken. Man hat immer wieder versucht,
dieses Creignis dadurch zu verhüten, daß man die Narbe entfernte,
aber durch die Operation setzte man eine neue Wunde, die wieder
in dieser unangenehmen Weise vernarbt und dieselben Verhältnisse
schafft. Jetzt hat Witzel eine neue Methode der Operation erfunden,
die Erfolg zu versprechen scheint. Er löst die nNarbe und legt dann
einen Fettlappen zwischen Gehirn und hirnhaut, der, glatt und
schlüpfrig, die narbige Vereinigung verhindert und später, wenn
zeine Narbenverwachsung mehr zu befürchten ist, langsam vom Kör—
bder aufgesogen wird.
Noch eine hilfe endlich, die der Arzt oftmals dem Zellenstaate
bringen muß. Abgeschossene Teile heilen nicht wieder an, nur ganz
oberflächliche Teilchen der Haut weiß der Körper zu ersetzen. Die
grausame Kugel reißt oft Teile ab, die nicht gerade lebenswichtig
sind, deren dauernder Verlust dem Träger aber alle Lebensfreude
raubt und ihn seelisch aufs tiefste erschüttert. Das sind die ent—
stellenden Schüsse des Gesichts: Abschuß der Nase, der Ohrmuschel,
der Lippen. Auch hier hilft ärztliche Kunst. Sie bringt es fertig,
aus andern Körperteilen eine Nase zu bilden, die zwar nicht immer
dem Ideal eines griechischen Bildwerks entspricht, die aber doch den
Träger so gestaltet, daß er sich vom Verkehr der menschlichen Gesell—⸗
schaft nicht auszuschließen braucht. Und ebenso bildet der Arzt wie
ein formender Künstler Mund und Lippen aus der Haut von Wange
und Kinn. Auch gibt es Rünstler, die dem Arzte helfend zur hand
gehen und aus künstlicher Masse täuschend kleine verlorene Teile,
etwa die Ohrmuschel, nachbilden, die die häßliche und niederdrückende
Entstellung beheben.
Ja, es geschieht das Menschenmöglichste, die Verletzten zu heilen.
Nicht im Sinne des Zellenstaates, sie am Leben zu erhalten, sondern
ihnen zu helfen, sie wirtschaftlich und sozial zu heilen, den Ver—
letzten zur Freude und zum Glück und dem Staate zum Segen, zur
38 seines köstlichsten Reichtums: leistungsfähiger Volksge—
nossen.
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