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außerdem schwere Störungen der Sprache und des Sprachverstehens,
je nach dem Sitz entweder Störungen des Sprachvermögens oder
des sogenannten Sprachverstehens, so daß wohl die Worte gehört,
aber, wie die Klänge einer fremden Sprache, nicht verstanden wer⸗
den, oder — wie seltsam! —, daß Gegenstände wohl durch
Betasten erkannt und benannt werden können, aber nicht nach dem
Gesichtseindruck, daß Geschriebenes, daß Gedrucktes nicht gelesen,
Diktiertes nicht geschrieben werden kann, daß Gedrucktes laut ge—
lesen, aber nicht verstanden wird, daß Diktiertes wohl geschrieben,
aber nicht wiedergelesen werden kann — in wunderlichster Mannig—
faltigkeit. Was von den Gehirnteilen zerstört ist, das ist und bleibt
zerstört, und mit dem zerstörten Teile fiel dessen wunderbare feine
Teistung aus. In manchen FSällen aber ist der verletzte Gehirnteil
nur behindert, und wenn das hHindernis beseitigt ist, kann er seine
Tätigkeit wieder aufnehmen. Solche Hindernisse sind Knochen- und
Geschoßsplitter, zuweilen auch kleine Blutungen, die später wieder
aufgesogen werden können. Manchmal auch Eiterungen in das Ge⸗
hirn. Gelingt es, den Eiterherd nach außen zu entleeren, das Ge—
schoß fortzunehmen, die Knochensplitter zu entfernen, dann kann
oöllige Heilung eintreten oder eine Heilung, die so geringfügige
Störungen hinterläßt, daß sie gar nicht auffallen. Ein schlimmes
Uapitel sind die so harmlos aussehenden Streifschüsse und Rinnen—
schüsse. Der Schädelknochen ist innen mit einer glasharten, leicht
splitternden Schicht ausgekleidet. Man denke sich die dünnen Brett—
chen eines Zigarrenkistchens innen mit einer sehr dünnen Glasschicht
belegt. Jeder Schlag und Stoß, jeder rohe Anprall gegen das Holz
wird das Glas an der Innenwand zum Splittern bringen, ohne daß
man dem Holz außen irgendwelche Spuren der rohen Gewalt an—
sieht. Genau so mit der Schädelkapsel. Jeder harte Stoß, jeder nur
leicht strefende Rinnenschuß bringt die Glastafel zum Absplittern,
so daß die spitzen Splitterchen tief in die Gehirnmasse eindringen
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notwendige und lohnende Aufgabe. Dem Gehirnverletzten droht aber
noch eine andere große Gefahr. Das Gehirn ist eingehüllt in die
harte Gehirnhaut. Es liegt, von dieser hirnhaut umhüllt, in der
schädelkapsel, wie eine Nuß in ihrer Schale. Ist die hirnhaut ver—
letzt, was natürlich auch bei anscheinend harmlosem Streifschuß vor—
kommen kann, so pflegt nachträglich die zerrissene Stelle der hirn—