versuchen, den Daumen zu retten; denn ohne den rechten Daumen
werden Sie kaum noch schneidern können.“ — Er versucht's, entfernt
Splitter und Fetzen, lagert das Nagelglied im Gipsverband schwe—
bend so, daß es in annähernd natürliche Stellung gehoben wird.
In dieser erzwungenen Stellung läßt er den Daumen heilen. Das
nur aus haut bestehende „Grundglied“ umhäutet sich von allen Sei—
ten zu einem derben, knochenlosen Strang. Und nachdem so die
HNatur den Willen des Arztes ausgeführt, pflanzt er schließlich in
dieses knochenlose Grundglied einen Knochen aus der linken vierten
zZehe. Der Knochen wird dort kaum vermißt, heilt hier aber ein.
Der Enderfolg ist ein Daumen, der zwar,
da die Sehnen fehlen, nicht in sich ge—⸗
beugt und bewegt, aber wie ein halb—
gekrümmter, fester Stab nach allen Kich—
tungen geführt werden kann und immer
noch ein „Daumen“ ist, fähig, die Nadel
zu halten und die Schere zu führen, so
daß der Schneider seinem Beruf erhalten
bleiben kann (Abb. 226b).
55 — Eine Fülle dankbarer Aufgaben bie—
autbrucke fortgerissen. tet sich dem Arzte auch dann noch, wenn
nach der „heilung“ eines Gliedes die Ge—
brauchsfähigkeit mangelhaft geblieben ist. Ein häufiges Bild: Es erhielt
jemand durch den Vorderarm einen Schuß, der die Knochen zerschmet—
terte. Die Knochen'heilten hart und fest, die Wunde vernarbte mit derbe
Narbe, äußerlich völlige Heilung. Aber der Verletzte kann die hand
nicht bewegen. Sie ist steif, die Finger ragen wie unbewegliche Haken
in die Luft. Solche Hand ist natürlich zum Arbeiten unbrauchbar.
Aber woran liegt diese schlechte Heilung? Es ist durchaus nicht
immer leicht für den Arzt, die Erklärung und damit auch den Hebel
zu finden, um eingreifen und dem Übel abhelfen zu können. Liegt
die Schuld an den Knochen? Sind sie falsch aneinandergeheilt? Oder
am Muskel, daß er durchschossen mit breiter narbe unbeweglich am
Unochen festwuchs? Oder etwa am Nerven, der leitungsunfähig ge—
worden? Und wenn es der Nerv war, war er zerschossen und nicht
wieder verheilt? Oder war er fest verwachsen, abgeschnürt, vielleicht
in derbem Narbengewebe eingeschlossen, oder von erhärtendem Kno—
chenkitt überwuchert? Welcher Nerv ist überhaupt verletzt? — es