Derletzung, wenn sie den Mechanismus an empfinolicher Stelle traf,
die Gebrauchsfähigkeit ganz aufheben. Den Arm oder die Glied—
maßen wieder möglichst brauchbar zu machen, das ist Sache der ärzte.
Im Kriege brauchen wir vor allem Krieger; kann aber der Arzt
nicht wieder einen Krieger aus dem Verletzten machen, dann sucht
er, ihn wieder der Arbeit zuzuführen, und zwar womöglich dem
alten Berufe, als Schuhmacher, Techniker, Schreiner, Uhrmacher,
schmied. Der Arzt muß so viel Kenner des Erwerbslebens sein, daß
er überschaut, welche Glieder und welche Finger in den einzelnen
Berufen vorzugsweise gebraucht werden. Welche Bewegungen voll—
führt der Maurer bei seiner Beschäftigung? Welche der Uhrmacher?
Wie gebraucht der Schuhmacher seine Glieder, und in welcher haltung
gebraucht er sie? Welche Teile seiner Gliedmaßen kann er zur Not
entbehren? Welche Bewegungen sind unbedingt erforderlich für
feine Berufshantierungen? Danach richtet der Arzt seine Maßnah—
men. Mit praktischem Blick muß er die verschiedensten Berufs—
leistungen in ihren Ansprüchen an die Glieder und Gelenke über—
sehen. Er muß zuerst wissen, ob der ihm zur heilung Anvertraute
Mechaniker, Anstreicher oder Ackerknecht ist, und vom ersten Tage
der Behandlung an den Leilen ganz besondere Aufmerksamkeit
widmen, die für die Berufstätigkeit notwendig sind, und die unbe—
dingt notwendigen Knochen und Gelenke beweglich erhalten und den
Ansprüchen des späteren Berufslebens anpassen. J
Ein Beispiel: Ein Unteroffizier wird eingeliefert mit Schuß—
derletzungen beider hHände. Der Arzt übersieht den Schaden: Die
linke hand, durchschossen, wird unter vorsichtiger Behandlung vor—
aussichtlich wieder gebrauchsfähig werden. Aber die rechte! Vom
Daumen ist ein Teil des Grundgliedes abgeschossen mit dem ganzen
Knochen und allen Sehnen, die in Fetzen und Splittern das große Loch
ausfüllen. Nur eine schmale hautbrücke blieb übrig, an der das Nagel—
glied baumelte (Abb. 220). Immerhin hat dieses Stückchen Haut ge—
nügt, das Nagelglied mit dem notwendigen Blut zu versorgen. Was
nachen? Kaum blieb etwas anderes übrig, als das Nagelglied zu
entfernen, da doch das Grundglied, an dem es seinen halt hätte
finden können, fehlte. Dann mußte der Verletzte eben ohne seinen
Daumen weiterleben. Da plötzlich zuckt ein Gedanke durch das Ge—
hirn des Arztes. Er fragt den Verletzten: „Was sind Sie im bürger—
lichen Berufe?“ — „Schneider, Herr Doktor.“ — „Dann werde ich