Full text: Sammelband

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und Bewegungsversuche waren, und wie wir die hand haben üben 
müssen, bis fie zu dieser Feinheit und Genauigkeit ihres Finger— 
spiels und zu dieser Kraft kam. Was kann nicht alles die Hand! 
Sie kann mit der geballten Faust wuchtig dreinhauen, kann den 
schweren, klingenden Hammer auf den Amboß sausen lassen, sie 
kann fassen und festhalten wie eine Klammer, sie kann schreiben 
und drehen, kann kratzen und streicheln, kann beim Klavierspiel 
in zierlicher Schnelle über die Tasten laufen, kann mit den mannig— 
faltigsten und feinsten Werkzeugen hantieren. Sie ist uns eben das 
Werkzeug des hHandelns. 
Ihre biegsamen, zierlichen Finger kann die Hand nach jeder 
beliebigen Stelle ihres Bereiches bringen, weil ihr Stiel, der Arm, 
selbst so beweglich und im Ellenbogen einzuknicken ist, sie kann die 
Fingerspitzen sanft und zart über die Dinge der Außenwelt gleiten 
lassen, und die tastende Haut der Kuppen schafft uns Vorstellungen 
von der Gestalt und Beschaffenheit, von härte und Weiche, Glätte und 
Rauhigkeit, Wärme und Lälte der Dinge. Die tastenden, greifenden 
Finger geben uns die eindrucksvollsten und bedeutungsvollsten Aus— 
künfte, die sichersten und klarsten Vorstellungen über die Dinge 
dieser Welt, so klare Vorstellungen, daß sie als Grundlage für alle 
Philosophie dienen. Was ich „begriffen“ habe, das habe ich eben 
„begriffen“. 
Ohne die kunstfertige menschliche Hand gäbe es keine üußerun— 
gen unserer Rultur, keine Kleidung, Geräte und Werkzeuge, keine 
Bequemlichkeiten des Lebens. Und wo wären ohne sie die Erzeug— 
nisse der Wissenschaft und Kunst? Allerdings ist die Hand nur ein 
hilfsmittel und Werkzeug des Verstandes, durch dessen Schaffen die 
geistigen Anlagen des Menschen erst zum Vorschein kommen, durch 
dessen Gebrauch der Mensch sich die Erde untertan machte, — aber 
die Hand ist doch der ausführende Teil dessen, was das hirn ge— 
plant. Alle unsere Gerätschaften und Werkzeuge sind nur Nach— 
ahmungen oder Erweiterungen einzelner Fähigkeiten unserer Hand, 
die Zange unserer Fähigkeit zu fassen, der hammer ein Abbild 
der geballten Faust, der Spaten eine Nachbildung der wühlenden 
Hohlhand, und alle Werkzeuge, auch die des handwerkers, sind 
gestimmt auf den Gebrauch unserer gesunden hand, müssen hand— 
lich, griffig, bequem sein. Ja, da unsere Kulturmenschheit rechts⸗ 
händig ist, so sind auch unsere Werkzeuge und Maschinen für rechts—
	        
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