nisse, nur um das Leben zu erhalten, andere wichtige Rücksichten zu—
nächst beiseite zu stellen. Oft war die Stunde des Arztes noch nicht
gekommen, er mußte erst heilen lassen, um übersehen zu können,
was denn überhaupt ausgefallen an Leistungen und Verrichtungen.
— deswegen kläglich, weil der
Zellenstaat die hilfe, die Stütze und Brücke, die ihm der Arzt schlug,
nicht benutzte, weil er auf dessen Pläne nicht einging. Genug, der
heilerfolg ist nicht stets so, wie er ersehnt war. Gewiß, der Zellen⸗
staat setzte sich durch und blieb am Leben. Aber mit diesem Nur⸗-am—
Leben⸗bleiben hat er sich begnügt. Uns Menschen genügt das nicht.
Der Zellenstaat kann zur Not ohne Arme und Beine leben. Seine
geheimen Caboratorien und Zauberküchen, seine Speicher und Le—
bensmaschinen, seine Werkstätten und Betriebe, in denen das Leben
bereitet und unterhalten wird, sind unverletzt, arbeiten unversehrt
und unbekümmert um den Kampf in Kumpf und Brust. Die Leiter
und Regler des Betriebes, Kückenmark und Gehirn, führen wohlge—
borgen in Wirbelsäule und Schädel ihr Geschäft weiter. Und wenn
alle diese Teile in ihrer Lebensleistung nicht gestört sind, nun, dann
„lebt“ der Zellenstaat, dann kann er zur Not auf manche andere
Tätigkeit verzichten. Aber wir Menschen können es nicht. Alles
bäumt sich in uns dagegen auf, auf den Gebrauch der Glieder ver⸗
zichten zu sollen.
Nach früheren Kriegen entließ man nach der heilung von Ver⸗
letzungen die „Geheilten“ so, wie sie eben. „geheilt“ waren. Nun
sieh zu, wie du dich zurechtfindest! Und gar viele traf man später
mit dem Cisernen Kreuz geschmückt an belebten Wegen mit dem
Ceierkasten. Dies beschämende Bild dürfte der Vergangenheit ange—⸗
hören. Der Arzt ist heute geschulter als früher und geschickter ge—
worden. War früher alles, was vom Arzte verlangt wurde, „erhalte
das Leben“, so ist seine Tätigkeit heute erweitert zu der großen Auf—⸗
gabe: „mache den Verletzten brauchbar, rette ihm die berufliche
Leistungsfähigkeit, gib ihm die Möglichkeit, das tägliche Brot zu
verdienen“. Nicht unvorbereitet ging der deutsche Arzt an diese
Aufgabe, die sich in diesem grauenvollen Kriege riesengroß vor ihm
auftürmt. Was die Verwundungen im Kriege, ist der Unfall im
Frieden. Während der Krieg eine plötzliche Menschenerletzungs⸗
epidemie ist, sind die Gewalten, die Unfälle hervorrufen, ununter—
brochen am Werk, und ihre Opfer fallen täglich. Durch die Behand⸗