Full text: Sammelband

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gabe zu so schweren Unzuträglichkeiten, daß neben dem heilen das 
helfen des Arztes immer wieder notwendig wirod. 
Da ist ein Knochen durch grausamen Schuß zerschmettert. Es 
gibt keine Verletzung, der gegenüber der Körper so hilflos ist, wie 
den Knochenbruch. Das wissen wir alle aus Friedenszeiten. Kein 
Caie würde es sich einfallen lassen, seinen Knochenbruch von selbst 
heilen zu lassen. Das Endergebnis wäre in den meisten Fällen 
kläglich. Nicht als ob der Knochen selbst nicht heilte. Er heilt pracht— 
boll, aber in der Stellung, wie gerade die Knochenenden nach der 
Derletzung liegen. Das ist eine unannehmbare „heilung“. Der 
Knochen ist ja die feste Stütze, das Gerüst aller Körperteile. Ist 
diese Stütze zerbrochen, so ist das ganze Glied unnatürlich beweglich, 
haltlos aller Willkür preisgegeben. Blei— 
ben nun die Bruchstücke dies- und jen— 
seits der Lücke hübsch in ihrer natürlichen 
Lage und Kichtung liegen, dann verbacken 
und verschmelzen die Splitter sehr schön 
in dem Rnochenkitt. Der Knochen ver— 
heilt, und ist nach wenigen Wochen so fest, 
daß er seine frühere Aufgabe wieder 
übernehmen kann. Das Zuviel an Kno— 
chenmasse schleift sich später wieder ab, 
und nach geraumer Zeit erkennt man 
kaum noch die Stelle des Unheus. Aber 
die Regel ist leider ein ganz anderer, trau— 
riger Ausgang. Da die Muskeln fest am Knochen angeheftet sind, so 
werden durch ihren Zug die zerbrochenen Stücke gegeneinander ver— 
schoben, verdreht, abgeknickt und abgebogen. Setzt dann die Hheilung 
ein, so werden die Bruchstücke, wie sie gerade liegen, aneinandergekittet 
und der Knochen wird wohl geheilt, aber nach dieser „heilung“ 
sieht man dann ein klägliches Bild: In traurig schiefen Winkeln 
und häßlichen Stellungen steht das Glied verkürzt und unnatürlich 
versteift, abgeknickt, verbrümmt, verbogen, verdreht. Seine Auf— 
gabe, den Körperteil zu stützen, kann der Knochen nicht mehr er— 
füllen. Die Muskeln finden an ihm nicht den festen hebel, an dem 
sie sich betätigen können, das schiefe, steife Glied ist unbrauchbar, ein 
wertloses hindernis. Das ist allgemein bekannt. Wir aäͤrzte aber 
haben die Pflicht, dem vorzubeugen, indem wir, wie ja immer schon 
Abb. 18. Schief aneinandergeheilte 
Unochenbrüche des Schienbeins. Die 
scharfen Ranten der einspringenden« 
Enden sind abgerundet und ab⸗ 
geschliffen.
	        
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