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nese, Fernbewegung, hat man diese Erscheinung benannt. Sodann
schreibt man ihnen die Fähigkeit zu, Gedanken eines andern ohne
erkennbare Wahrnehmungsmöglichkeit zu erfassen. Dieser Vorgang
der Telepathie hat natürlich nichts mit der Art des Gedankenlesens
zu tun, die jeder aus den Varietévorstellungen kennt und bei der
es sich um eine geschickte Ausnutzung von Erregungszeichen der
Person handelt, mit der der Gedankenleser arbeitet. Zu den be—
stechendsten ECigenschaften der Medien soll ihre Begabung für das
hellsehen gehören. Sie vermögen angeblich eine sicher verschlossene
Aufzeichnung zu entziffern und können auch kommende Ereignisse
voraussehen. Dazu kommen noch merkwürdige optische und elek—
trische Erscheinungen, und schließlich sind sie angeblich imstande, in
Verkehr mit den Geistern Verstorbener zu treten. So behauptet es
der Spiritismus, und durch die Annahme von Geistern sucht er
auch die vorgenannten merkwürdigen Dinge zu erklären. Es muß
demgegenüber mit aller Schärfe betont werden, daß bis heute nicht
eine Beobachtung vorliegt, die eine solche Existenz von Geistern be—
wiese. Der Spiritismus ist vom Standpunkt der Wissenschaft er—
ledigt. Etwas anders verhält es sich aber mit einigen okkulten Er—
scheinungen. So scheint 3. B. einiges für die Möglichkeit von Telepa—
thie zu sprechen, deren Sustandekommen wir uns nach Art der draht⸗
losen Telegraphie denken könnten. Beobachter wie v. Schrenck-Notzing,
Codge und Silberer setzen sich dafür ein. Das ganze Gebiet ist heute
noch in Dunkel gehüllt, und es läßt sich noch nicht absehen, was sich
hier aus dem Wust nach Abscheidung von Selbsttäuschung und
Schwindel als wahrer Kern herausschälen wird. Nur obijektivste
und nüchternste Prüfung wird feststellen, ob bei den bisher als
okkulte Erscheinungen bezeichneten Dingen eine uns unbekannte
Energieform waltet. Einfaches Ablehnen und Ignorieren wäre
grundfalsch. Dafür liefert die Geschichte des Hypnotismus ein schla—
gendes Beispiel. Als in den neunziger Jahren der Streit um die Wirk—
lichkeit der hypnotischen Erscheinungen am heftigsten tobte, da
schrieb ein Arzt in den „Grenzboten“: „Ich glaube an die hypnotische
Suggestion nicht, bis ich einen Fall davon gesehen habe, und ich
werde einen solchen Fall niemals zu Gesicht bekommen, da ich mir
dergleichen Experimente niemals ansehe.“ Glänzender als es ge—
schehen ist, konnte das Unsinnige eines solchen Standpunktes durch
die Fortschritte der Suggestionslehre gar nicht gezeigt werden. Eine