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Armer Kerl, er hat in der Tat viel erleben müssen. Das am
Kopfende aufgehängte Fieberblatt spricht eine beredte Sprache. Wie's
gekommen war, weiß er kaum. Eine platzende Granate, ein Stoß,
ein Schlag am rechten Arm oder an der Schulter, dann hatte der
Arm unbeweglich heruntergehangen und stark geblutet. Darauf war
er ohnmächtig geworden. Dunkel konnte er sich noch erinnern, daß
ein Sanitätssoldat ihm den Rock aufgeschnitten, eine fest umschnü—
rende Binde um den Oberarm gelegt und ihn zum Verbanoplatz
getragen. Der Arzt war gerade fertig gewesen mit dem Verbinden
eines Offiziers, dem eine handgranate den Unterkiefer zerschmet—
tert hatte. Eben wollte er sich zum nächsten wenden, da nahm er
sich auf die Meldung des Sanitätssoldaten hin ihn zunächst vor.
uf dem Operationstisch, wie die Binde gelockert wurde, spritzte
das Blut in dichem Strahl. „Nochmals umschnüren!“ Mit prüfen—
dem Blick übersah der Arzt den ganzen Umfang der Verletzung.
Wer wollte in dem zerfetzten Gewebe die zerfetzte Ader, die Quelle
der Blutung, die zurückgeschnurrt war, auffinden? Also suchte der
Arzt sie oberhalb der Wunde auf und unterband sie. „Umschnürung
los!“ So — jetzt stand die Blutung, noch ein vorsichtiger Verband
von sterilem Mull und nun eine große Schiene, daß der Arm still
und unbeweglich im rechten Winkel festgehalten wird. Und dann
fort mit der Meldung: Granatsplitter-Sertrümmerung des Ellbogen—
zelenks, Vorsicht, unterbunden!
Ein Kraftwagen bringt ihn zum Lazarettzug, der gerade ab—⸗
fahren soll. Und so fährt er heim ins schöne Vaterland und landet
36 Stunden nach der Verletzung in dem blitzsauberen Lazarett des
rheinischen Städtchens, in dem die Bewohner wetteifern, den Ver—
wundeten Liebes zu tun. Der leitende Arzt schüttelt bedenklich den
Kopf. Mit dem Unterbinden war es gut gegangen, am' Handgelenk
war der Puls zu fühlen, die Finger waren warm und lebendig. Aber
die Verletzung! Ein großes, fetziges Loch! Mit eifriger Sorgfalt
beschäftigen sich die Arzte um den Kranken. Man merkte es dem
Schwerverwundeten an, wie er sich standhaft und tapfer die Schmer—
zen verbiß. Mit Besorgnis in den Mienen verfolgten die ärzte an
den folgenden Tagen den Wundverlauf. Das Thermometer zeigte
Fieber an, ein Zeichen, daß in der Wunde etwas nicht in Ordnung
war. In der Tiefe hatte sich ECiter angesammelt. Die Eiterbeule
wurde von dem Arzte geöffnet. Mit dem Eiter entleerten sich Stücke