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Da kommt mit flinken Schritten, einen frischen Strauß dunkel—
roter Rosen in der Hhand, die Schwester, die nun schon seit fast zwei
Jahren den unsäglich schweren, aber beseligenden Dienst an den
Uranken versieht, immer mit derselben Heiterkeit und Fröhlichkeit
des Gemüts, daß den Verwundeten schon bei ihrem Anblick die Augen
leuchten.
„Aber, Hiller, was ist denn? Ei, ei, wer wird denn so
den Kopf hängen lassen! Sie sind doch sonst nicht so! Haben bis
jetzt alles so standhaft mitgemacht, und nun so! Sehn Sie mal her,
nun gucken Sie doch mal! Drehn Sie sich doch mal um, und sehn
Sie doch mal, was ich hier habe! Ist das nicht schön, hiller? Der
Strauß ist für Sie! Den läßt die Frau Bürgermeister Ihnen mit
schönsten Grüßen bringen! Sehn Sie mal diese Kose, wie sie in der
Sonne glüht! Sein, was? Und duften tut sie auch! Aber nun sehn
Sie doch mal auf, und hören Sie doch auf zu schluchzen! Das kann ja
kein hund mit anhören! Woran dachten Sie denn nun gerade? An
Ihre Frau, gelt? Und an die kleinen Stupsnäschen zu haus? Wissen
Sie was? Hernach, wenn ich Zeit habe, schreibe ich Ihrer Frau noch
mal, wie gut es Ihnen geht, und dann setzen Sie wieder mit der
linken hand Ihren Namen drunter, aber nicht wieder so krumm, wie
im letzten Brief, verstanden? Und dann legen wir ein kleines Rosen—
knöspchen bei, wie dieses, oder nein, dieses ist noch schöner!“
„Vielen Dank, Schwester, danke Ihnen für alles, auch für den
Strauß. Sie sind ja alle so gut zu mir —, aber ...“ Er wendet
sich wieder leise schluchzend ab.
„Aber? Also ich schreibe Ihrer Frau, daß alles ausgezeichnet
ginge, daß Sie aber ein eigensinniger Peter seien und sich unnötige
Sorgen machten und zum Doktor gar kein Vertrauen mehr hätten,
der Sie wieder gesund gemacht hat, und der Ihnen doch versprochen
hat, daß er dafür sorgen wolle, daß Sie auch ohne Ihren rechten Arm
wieder eine Tätigkeit bekommen sollen. Wissen Sie, Hiller, ich habe
Verwundete gesehen, die hatten noch ganz was anderes abgekriegt
und sind doch wieder an die Arbeit gekommen. So, und nun ver—⸗
sprechen Sie mir feierlichst, daß Sie uns diesen schönen Sonnentag
nicht verderben wollen. Sehn Sie mal, wie schön es draußen ist!“
Und er lächelt, lacht ungläubig und dankbar, reicht die Hand
und freut sich über den wohlgemeinten Tröstungsversuch der Schwe—
ster, den sie in unerschöpflichem Redestrom so drollig herausplappert.