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zu treffen, ohne den Knochen mit zu verletzen. Wenn im gewöhn—
lichen Leben ein Mensch einen Knochen bricht, so kitten sich die Enden
zunächst mit einem weichknorpeligen Gewebe aneinander, das die
Bruchstelle verdickt und auftreibt, etwa so, als wenn zwei Siegellack⸗
stangen durch Erhitzen miteinander vereinigt werden. Die weiche
Knorpelmasse verhärtet sich durch Kalkeinlagerung, wird zum harten
Knochen und das Überflüssige wird später vom Körper abgeschliffen
und aufgesogen. Genau so geschieht es auch mit den Schußverletzun—
gen, nur ist hier die Aufgabe des Körpers ungleich größer. Nicht
nur, daß zu dem Unochenbruch noch die schwere Verletzung von
haut und Weichteilen kommt, die Knochenverletzung pflegt auch viel
umfangreicher zu sein als bei den gewöhnlichen Unochenbrüchen der
Friedenszeit. Kommen doch alle möglichen Arten von Verletzungen
nach Knochenbrüchen vor: Vom
einfachen, glatten Bruch oder
von dem glatten Durchschuß bis
zu der kleinsplittrigen Zertrüm—
merung eines Knochens auf weite
Strecken. Geradezu erstaunlich
ist es, was hier der Organis-—
mus bei der heilung leistet. Es
kommt vor, daß von einem Knochen in einer Ausdehnung von 10 bis
15 em nichts übrig bleibt als ein haufen von Splittern, und doch
vereinigen sich die Enden wieder: sorgfältig werden all die kleinen
spitzen Bruchstüche und Splitterchen in den knorpeligen Kitt ver—
hacken und zum Wiederaufbau verwandt (Abb. 11).
Alle Heilung, wie sie der Körper vollbringt, ist nicht ein bloßes
Aneinanderkitten, sondern immer eine Neubildung zerstörten Ge—
webes über eine Brücke von zartem, jungem Bindegewebe hinweg
oder beim Knochen auf dem Umwegesüber Knorpelkitt. Nur die
haut macht eine Ausnahme. hier schiebt sich von den Kändern her
langsam neue Haut über die Wunde, eine Haut, nicht so vollkommen
wie die alte mit weicher Polsterung, mit Schweißdrüsen, Hauttalg
und Härchen, sondern eine einfache, glatte, glänzende, spiegelnde
Schicht von Oberhautzellen, die dem dringenoͤsten Bedürfnis abhilft,
die Wunde zu decken, sie vor Verletzung und Beschmutzung und
damit den Körper vor verderblichem Eindringen von Bakterien zu
schützen.
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