Full text: Die hessischen Prinzen in Göttingen 1754-56

30 
gelehrten Abhandlung über die Principes S. R. Imperii Germanici 
qui in academiis Germaniae literis operam dederunt, die er zum 
Prorektoratswechsel im Januar 1755 den drei jüngsten Musensöhnen 
widmete. Sie werden nicht viel davon verstanden haben, wie über— 
haupt ihre ganze akademische Hörtätigkeit wohl nur eine Form der 
Ftikette war. Nur der Unterricht bei dem englischen Lektor Thompson) 
hatte einen ernsteren Charakter, zumal die englische Sprache ihnen 
bon der Mutter her bekannt und vertraut war. Von den oben er— 
wähnten adeligen Kommilitonen, die der Ehre des Umgangs mit den 
Prinzen gewürdigt wurden, waren die letzten spezielle Landsleute der— 
selben. Malsburg wurde später hessischer Minister (71788), die 
heiden Edelsheim aus dem Hanauischen wurden Minister in Baden. 
Außer ihnen studierten noch verschiedene Hanauer in Göttingen, die 
es sich nicht nehmen ließen, dem Prinzen Wilhelm, der ja von seinem 
Großvater zum selbständigen Regenten der Grafschaft Hanau bestimmt 
war, zu seinem 12. Geburtstag am 3. Juni 1755 ein schwungvolles 
Festpoem zu überreichen, das mit den Worten begann „Prinz, dessen 
hoher Geist Sein Alter übereilet“ und von G. A. Cramer, W. Edels— 
hjeim, C.F. Gremp v. Freudenstein, G. A. Junker (Hofmeister der Brüder 
xẽdelsheim), G. W. Klingender, G. F. Langermann, J. L. Ries, C. L. 
Schäl, J. W. Wannemacher, G. C. Wannemacher nund E. W. Wolfart 
unterzeichnet war.?) 
Eine interessante Unterbrechung fand der Göttinger Aufenthalt 
der Prinzen durch eine Reise nach Hannover, die sie in Begleitung 
der Erbprinzessin Marie machten, um ihren Großvater kennen zu 
lernen. 
Am 19. Juli 1755 kam meine Mutter von Geismar (Hofgeismar 
bei Kassel) nach Göttingen, um uns mit sich nach Herrenhausen bei 
Hannover zu nehmen, zum Besuch ihres Vaters, des Königs von 
England. Am 20. Juli reisten wir alle drei mit ihr zusammen ab, in 
Begleitung ihrer unendlich geliebten Hofdame Miß Kemp, Wittorffs, 
Séverys und des Kammerherrn meiner Mutter v. Verschuer. 
Im Posthause zu Brügge zwischen Einbeck und Hannover über— 
nachteten wir. Am Nachmittag besahen wir das Landhaus, das 
herr v. Steinberg dort in der Nähe besitzt. Am andern Morgen 
samen wir vor dem Diner im Lustschloß des Königs Herrenhausen 
an. Meine Mutter kleidete sich zunächst um, wir taten dasselbe 
und warteten bei ihr auf die Ankunft ihres Vaters. Meine Mutter 
1) über diesen vielgereisten Mann, der früher in Helmstedt gelehrt hatte 
ogl. Bärens in Ib. d. Gesch. Ver. f. Göttingen 1,98. 
2) Bibl. Gotting. Poet. Germ. J 6425 (300).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.