29
äußerer Ausstattung nur wenige andere Häuser Göttingens sich messen
konnten. Das war das Heim, das König Georg für seine Enkel, die
hessischen Prinzen, bestimmt hatte. Drei Tage vor Weihnachten 1754
hielten sie mit ihrem Gouverneur v. Wittorff und drei Erziehern
(Sévery, Stoupanus und Causid) hier ihren Einzug, wobei ein für
die ganze Dauer ihres Aufenthaltes bestellter Doppelposten der Gar—
nison das Gewehr präsentierte.
Der Aufenthalt der Prinzen in Göttingen dauerte fast zwei Jahre.
Über ihre Erlebnisse hat der älteste von ihnen, der spätere Landgraf
Wilhelm IX. dann Kurfürst Wilhelm J. von Hessen, in seinen hand—
schriftlich hinterlassenen französischen Memoiren allerhand erzählt,
wovon wir nachstehend einige Auszüge in Übersetzung geben wollen.
„Die ersten Tage dienten dazu, uns in unserem Domizil ein—
zurichten, das die vorsorgliche Gute König Georgs II. von England,
unseres Großvaters mütterlicherseitßz, uns so angenehm wie nur
möglich gestaltete. Unser Obergouverneur v. Wittorff!)) bestimmte
zunächst die Tage, an denen wir den Professoren und Studenten
von Familie Diners gaben, und ein Tag in der Woche wurde festge—
setzt, um deren Besuche in Empfang zu nehmen. Unsere Studien
wurden mit Eifer wieder aufgenommen. Wir nahmen Stunde bei
einem Lehrer des Englischen, und auch die Leibesübungen wurden
nicht vergessen. Herr v. Wittorff gab uns selbst Reitunterricht.
Wir wurden immatrikuliert. Unter den jungen Leuten aus guter
Familie, die damals in Göttingen waren, nenne ich die Grafen
o. Dernath, v. Gersdorff und Wachtmeister und die Herren
o. Edelsheim und v.d. Malsburg.
Die Universität, in der von Anfang etwas von dem „Nobleßen—
wind“ wehte, der nach dem „Prinz Rosa Stramin“?) später so charak—
teristisch für sie war, wußte die Ehre wohl zu würdigen, die ihr durch
den Besuch der Prinzen, noch dazu der Enkel ihres Stifters und
Rektors Magnificentissimi zu Teil wurde. „Es haben jederzeit Per—
sohnen von hoher Geburth die Academie besucht, nur noch niemahls ein
Printz“ schrieb noch kurz vorher im selben Jahre 1754 der Stud. Joh.
Georg Bärens aus Kopenhagen. (Jahrb. d. Gesch. Ver. f. Göttingen
l, 108). Die drei hessischen Prinzen waren also die ersten wirklichen
Prinzen, die das akademische Bürgerrecht erwarben. Dieser Umstand
begeisterte den Professor eloquentiae Joh. Matth. Gesner zu einer
1) Hans Jürgen v. Wittorff, ein geborener Hannoveraner * 1714 zu Celle, seit
1728 in hessischen Diensten *— 1802 als Staatsminister zu Kassel.
2) Prinz Rosa Stramin von Dr. Eduard Helmer JErnst Koch] Kassel 1834
Seite 151.