Full text: Der Zopf und seine Renaissance

Losch, Der Zopf und seine Renaissance 173 
eingebunden haben!“ Doch wurde den neu eingestellten Rekruten mit kurzem 
Haarwuchs konzediert, „falsche Zöpfe in der vorgeschriebenen Länge und 
Dicke“ einzubinden. Die vorgeschriebene Länge wurde auch hier allmählich 
stark ermäßigt; 1798 war das „Zöpfel“ nur noch 5 Zoll lang, und unter dem 
Einflusse des Erzherzogs Karl, des großen Reorganisators der Armee, er⸗ 
folgte am 30. Juli 1805 die völlige Abschaffung des Zopfes, den nur die 
höheren Offiziere im Generalsrang noch weiter tragen durften. Auch die Husaren 
behielten ihre Zöpfe noch einige Zeit, sowohl die Nackenschwänze wie die 
nach ungarischer Sitte getragenen beiden Seitenzöpfe. Den Osterreichern 
folgten die Bayern, die sich im Dezember 1805 auf Befehl des Kurfürsten 
Max Joseph die Zöpfe abschnitten und wegwarfen. Ihr Rückmarsch aus 
dem Feldzug nach dem Preßburger Frieden war durch die weggeworfenen 
Haarschwänze weithin zu verfolgen. Auch hier behielten die Generale einst 
weilen ihre Zöpfe, ebenso wie die kurfürstlichen Hartschiere und Trabanten, die 
Hartschiere sogar bis zum 5. Mai 1825. 
Allen anderen Armeen war die französische vorausgegangen. Hier 
hatte die Revolution dem Zopfe den Garaus gemacht, der ebenso wie die 
Perücke als ein Symbol des ancien régime galt. Doch war in dem Lande 
der neuen Freiheit diese Reform nicht schematisch und reglementsmäßig vor 
sich gegangen. Die Jakobiner schnitten sich zwar die Zöpfe ab, doch herrschte 
in dem Heere der Revolution absolut keine Einheitlichkeit in der Haartracht, 
und die levée en masse sah neben langmähnigen Revolutionsfrisuren und 
Titusstrubelköpfen auch manchen altgedienten Soldaten, der seinen Zopf noch 
in Ehren hielt. Das 2. französische Linien-Infanterieregiment weigerte sich 
überhaupt, den traditionellen Kopfschmuck abzulegen, und trug die Zöpfe noch 
1812 in Spanien, wie auch Napoleons alte Kaisergarde bis zuletzt bezopft 
ins Feld rückte. Auch in der Zivilbevölkerung gab es Landstriche, wo man 
in konservativer Bauernzäheit vom Zopfe nicht lassen wollte. So erzählt 
der preußische Rittmeister v. Tyszka in seinen Feldzugserinnerungen von 1814 
aus der Champagne: „Der Zopf wird hier noch sehr häufig getragen. Mancher 
Bauer hält ihn so in Ehren, wie der Türke seinen Bart.“ 
Abgesehen von diesen Ausnahmefällen, hatte die Revolution mit den 
Zöpfen gründlich aufgeräumt, und der Zopf schien auf der westlichen Hemi⸗ 
sphäre wenigstens beim Militär verschwunden zu sein, als er auf einmal im 
großen Jahre 1813 im Herzen von Deutschland eine fröhliche Auferstehung 
erlebte. Das geschah in dem Kurfürstentum Hessen, das sieben Jahre lang 
durch den Machtspruch Napoleons von der Landkarte verschwunden war. 
Hier regierte Kurfürst Wilhelm J. (1785-1821), ein Fürst, begabt 
mit vielen trefflichen Eigenschaften eines Regenten, dessen Renommee aber 
durch zwei besonders in seinen letzten Jahren auftretende Schwächen, seinen 
Geiz und sein starres, schrullenhaftes Festhalten an allem Alten, eine starke 
Trübung erfahren hat. Wilhelm J. war vielleicht der letzte konsequente Ver⸗ 
treter des fürstlichen Absolutismus in Deutschland, in dessen langer Regierungs⸗ 
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