726 Philipp Losch
europäische Verwicklung, die der Prinz einst durch seinen Verzicht auf den
dänischen Thron zu vermeiden gesucht hatte. In Kopenhagen, wo sein
Schwager Christian IX. die Politik der Eiderdänen zu treiben genötigt
wurde, war seines Bleibens nun nicht mehr. Am 31. Januar 1864 meldete
er dem Kurfürsten seine definitive Abreise aus Dänemark wegen des Krieges
und als er nach nächtlicher Seefahrt in Warnemünde eintraf, empfing ihn
der Siegesjubel über den ersten deutschen Waffenerfolg bei Missunde. Die
weitere Entwicklung der Dinge verfolgte er mit gemischten Gefühlen und
protestierte am 18. Juni von Baden⹀Baden aus gegen den Bruch des
Londoner Traktates, durch den die Integrität Dänemarks verletzt wurde;
aber die dadurch begründete Zurücknahme seines Verzichtes, die er dann
im weiteren Verlauf der Dinge auf die Geltendmachung seiner Ansprüche
auf das Herzogtum Lauenburg beschränkte, verhallte ungehört. Er hatte
kein Glück mit seinen Thronfolgerechten, das sollte sich noch mehr zwei Jahre
später zeigen, wo ihm auch das letzte genommen wurde.
Trotz der zahlreichen Schikanen des Chefs seines Hauses, die ihm
zuletzt noch 1865 die geplante Niederlassung in Bergen bei Hanau un⹀
möglich machten, ließ der Prinz in den kritischen Junitagen von 1866 sich
nicht zu der ihm von Bismarck angesonnenen Felonie verleiten, sondern
erschien in Kassel, um dem Kurfürsten seine Dienste anzubieten, während
Prinzessin Anna sich zu gleicher Zeit an die Spitze der hessischen Frauen
stellte, um die Liebestätigkeit für die ausrückenden Krieger zu organisieren.
In überschwenglicher Dankbarkeit ernannte ihn der Kurfürst sofort zum
Oberbefehlshaber der kurhessischen Armee. Aber die gerührte Stimmung
dauerte bei dem Fürsten, dessen unglücklichster Charakterzug das Miß⹀
trauen war, nur wenige Stunden. Noch am Abend desselben Tages
(16. Juni) wurde der Prinz wieder seiner Stellung enthoben und mußte
tatenlos in Frankfurt und Mainz das elende Ende der ehemals ruhm⹀
gekrönten hessischen Armee miterleben. Selbst bei Einsetzung einer Regent⹀
schaft nach der Gefangennahme des Kurfürsten durch die Preußen wurde
der zunächst Berufene zu Gunsten eines ehemaligen Ministers übergangen,
und Verbitterung über all diese Mißgriffe konnte nicht ausbleiben.
Dem Prinzen Friedrich wie seiner Gemahlin wurde es sehr schwer,
von dem Traum der Zukunft Abschied zu nehmen. Es gehört mit zu den
zahlreichen Unwahrheiten, die Bismarck über die Geschichte der Annexion
Kurhessens verbreitet hat, daß er einmal sagte: ‚Dem Prinzen sei der
Kurhut nicht einmal einen Extrazug wert gewesen.‘ Vergeblich rechnete
er auf den Beistand des russischen Schwagers, und umsonst war auch die
Fürsprache des preußischen Schwiegervaters. Am 8. August machte die
Prinzessin Anna den Versuch, nach Berlin zu gelangen, um bei ihrem
königlichen Oheim ein Wort für ihre und Hessens Zukunft einzulegen,
aber auf Bismarcks Weisung wurde ihre Reise in Magdeburg durch den
dortigen Kommandanten unterbrochen, und sie mußte unverrichteter Sache
nach Rumpenheim zurückkehren. Als dann der gefangene Kurfürst zu