Full text: Der Kasseler Weinberg

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dort steht und dem Blechschmied Költzschkyee) 
gehört (Weinbergstraße 10). Derselbe hatte bei 
bei der um 1870 vorgenommenen Verbreiterung 
des Weges vom Stadtrat die Zusage einer neuen 
Einfriedigung seines Grundstücks erhalten, die auch 
auf städtische Kosten ausgeführt wurde, aber nicht, 
wie wohl erwartet wurde, mit eisernem Geländer, 
sondern mit hölzernem Staket. Költzschky, der von 
jeher gern getriebene plastische Arbeiten machte, 
auch sein Häuschen auf der Vorderseite mit Blech— 
schuppen und Ornamenten verziert hat, soll sich 
dadurch am Stadtrat gerächt haben, daß er an fast 
sämtliche Spitzen der Staketen Köpfe schnitzte, die 
nach der Meinung der Kasselaner den Stadtrats— 
— 
3 Cassel, 6. November 1907 
tgl. j. S8Zwangsverläufe. Heute Morgen um 14.10 Uhr 
—4 fand der Zwangsbverkauf sämtlicher in der Rühlstraße 
tet! gelegenen Häuser und Villen statt. Eine große Au— 
en zahl Kauflustiger hatte sich eingefunden, deshalb 
ge⸗ wurde die Versieigerung im Saale des Schwurgerichts 
If-VAaAabgehalten. Die Versteigerung hatte folgendes Ergebnis: 
Villa Nr. 2 eistand Herr Max Mecca zum Preise von 
49 (00 Mk., Nr. 4 Herr Direklor Henkel für 45 100 
Mark, Nr. 10 Herr Ernst Protz sür 82800 Mk., Nr. 5 
herr Kurt Löwenbaum für 147 100 Wik, Rr.7 Herr 
Fritz Trost für 800 100 Vik., Nr. 9 Hertr Adolf Till 
sür 61500 vk. Das Wohnhaus“ Wilhelmeahöher 
Allee Nr. 2513 erstand Herr Direktor Hentel zum 
Preise von 92 000 Mk. Vie beiden anderen Wohn⸗ 
häuser Wilhelmshöher Allee Nr. 283 und 25, sowie 
die Villen Nr. 1, 8, 6 und 8 find von dem 
Gläubiger selbst angekauft worden, da ihm die hier⸗ 
für gemachten Gebote nicht genügten. Der Zuschlag 
sür die nicht verkauften Häuser“ und Villen ist auf 
14 Tage verschoben worden, damit etwaige andere 
Reflektanten in die Rechte aus dem Weeistgebot ein— 
lreten können. Nachstehend der Liegeplan der Villen: 
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Villa Nr. O. 
Villa Nr. 10. 
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Villa Nr. 7. 
Villa Nr. 8. 
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Villa Nr. 83. 
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Villa Nr. 6.. 
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Villa Nr. 3. 3 
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Villa Nr. 4 
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Villa Nr. 1. 
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Villa Nr. 2. 
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Wohnhaus 
Nr. 283. 
Wohnhaus 
Nr. 25. 
Wohnhaus 
Nr. 25/2. 
Am anderen Ende des Gartens lag ein nur ein— 
ttöckiges, kleines Häuschen. Diese Fräuleins Causid 
hatten sich in den letzten Jahren ihres Lebens 
durch ihre Hunde?) entzweit, deren sie eine große 
Anzahl, nebst einem Affen, jedoch in getrenntem 
Eigentumsverhältnis, besaßen, da eine jede eifer— 
süchtig auf die Behandlung ihrer, ihr ganz allein 
zugehörenden Lieblinge war, und eine Vernach— 
äfsigung derselben vom Gegenpart als persönliche 
Beleidigung aufgenommen wurde. 
Sie hatten daher, um den ewigen Hader zu be— 
seitigen, beschlossen, das Grundstück vermittelst einer 
durchgezogenen Schnur zu teilen und die beiden 
däuschen, eine jede für sich, zu bewohnen. Obgleich 
dies nun geschah und keine der andern Territorium 
hetrat, konnte man die beiden alten Mädchen doch 
oft in sehr salopper Kleidung, die bebrillten, welken 
Pergamentgesichter in Faltenhauben und vorgebun— 
denen Seidenlocken steckend, gestikulierend und 
schimpfend zu beiden Seiten der Schnur stehen sehen, 
wenn einer der Hunde auf fremdes Terrain geraten 
war. Eine Zeitlang waren beide Häuschen einmal 
unbewohnt, und es hieß, daß die Schwestern nach 
auswärts gezogen seien, um der Hundesteuer zu ent— 
zgehen. Später zogen sie wieder, aber mit weniger 
Hunden und ohne Affen, in ihre alte Besitzung, 
wahrscheinlich hatten sie auch außerhalb Kassels 
ihren großen Hunde-Besitzstand nicht verleugnen 
können, was sie in Kassel stets getan haben sollen. 
Dem Causidschen Grundstück südlich gegenüber 
lagen früher zwei der Fürstin von Hanau gehörige, 
direkt an den Park stoßende Gärten, an der Stelle des 
jetzigen Wilhelms-Gymnasiums?5); dieselben waren 
mit bescheidenen Häuschen bebaut und an einige 
fürstliche Diener zu billigem Zins vermietet. Das 
größere war einem Kammerdiener Huguenin, das 
kleinere, an die Grimmstraße stoßende, einer Mar— 
ställer-Familie namens Ohlwein überlassen. In 
29) In einem Brief an seine Braut Henriette v. Bosse 
aus dem Jahre 1833 schreibt Ernst Koch u. a.: „Ich habe 
Dir schon von den alten Fräuleins Causid erzählt, bei 
denen ich jetzt wohne, aber noch nicht, daß ste einige Möpfe 
—0 
Hunden etwas thut, der thut es den Damen. Wer ihnen 
aber schmeichelt, der kann sein Glück machen. Einer von 
den charmanten dicken Möpfen heißt Häschen, er ist ein 
bejahrter Mops von 18 Jahren und kann kaum noch gehn.“ 
Pallast u. Bürgerhaus. 232.) Die beiden alten Damen, 
die von der bösen Kasseler Jugend „die Hexen Causid“ 
genannt wurden, waren Töchter des Galerieinspektors 
Simon C., Enkelinnen des aus Bern eingewanderten Kauf— 
manns Paul C., f 1780, dessen Grabdenkmal sich noch 
auf dem alten Totenhofe befindet. 
25) Das neue Gymnasium wurde von Mai 1883 bis 
März 1886 mit einem Kostenaufwand von 850000 M. 
nach den Plänen der Bauräte Neumann und Schuchard 
erbaut. 
Wilhelmshöher Alree—
	        
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