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Nach und nach stieg mit der Kultivierung der
Brundstücke auch der Mietzins derselben 7) und war
in den vierziger Jahren bis auf 12 Taler gestiegen,
»zin Mietzins, welcher mit dem damaligen Grund—
vert gleichen Schritt hielt. — Der Vorbesitzer
neines *16 Acker großen Gartens hatte denselben
im Jahre 1846 für 210 Taler angekauft. —
So war der Weinberg, trotz seiner schönen Lage,
ange Jahre ein ungeschätzter Boden, auf welchem
nur hölzerne Buden, als Gartenhäuschen, zerstreut
agen oder ein sehr bescheidenes Gartenhäuschen in
dolzfachwerk sich zeigte. —
Sah man zu dieser Zeit von der Höhe des
Weinbergs nach Süden, so hatte man am Fuß
desselben den Philosophenweg vor sich, welcher da—
mnals noch seinem Namen entsprach, denn es war
ein stiller, abgelegener Spaziergang, teilweise an
dem damals noch reinlich nebenher fließenden, zu
zeiden Seiten mit Weiden bepflanzten Wässerchen,
der Trußbach 8) (jetzt kleine Fulda benannt), ent—
ang führend, und es ist wohl sicher anzunehmen,
daß auch die Brüder Jakob und Wilhelm
Grimm denselben oft während ihres Aufenthaltes
in Kassel in philosophischen Gesprächen gewandelt
ind. Der jüngere Bruder der ebengenannten, Pro—
essor Maler Ludwig Grimm, mein verehrter
Lehrer an der Akademie zu Kassel, hatte an der
Weinbergslehne oberhalb des Philosophenwegs einen
Garten, der noch jetzt im Besitz der Witwe Lud—
wig Grimms?) ist. —
An der Südseite des Wegs standen nur in der
Nähe der Frankfurter Landstraße ein paar Bleicher—
häuschen, an der Nordseite, in der Hälfte des Wegs,
bhänken umgeben anlegen, die in der Familie den wenig
isthetischen Namen „das Loch“ führte. An ihrer Stelle
erbaute später Wöhler einen runden Gartenpavillon. Das
durch weitere Erwerbungen 1775 vergrößerte Du Ry'sche
Brundstück stieß an die Maulbeerpklantage, die Land—
graf Friedrich J. gleichzeitig mit den Weinpflanzungen in
der Gegend der, inzwischen geschleiften Weinbergsschanze
anlegen ließ. Eber diese Maulbeerplantage, wie über—
saupt über den Mißerfolg der vom Landgraf geplanten
Seidenzucht und Weinpflanzungen vergleiche man Ger—
ands Mitteilungen im „Hessenland'“ Jahrg. 7, S. 59.)
Die Maulbeerplantage wurde später von der Rätin Wittich
käuflich erworben, das Du Ry'sche Grundstück fiel nach
dem Tode des letzten Du Ry (Jean Charles Etienne,
f16. Jan. 1811) an dessen beide Nichten Amalie, Gattin
des Steuerrats Rothe, und Jeanette, Gattin des Hofrats
Hrandidier.
) „Es ist schwer in Besitz eines solchen Gartens zu
ommen, und die sich in demselben befinden, rufen mit
dem Venusiner aus: Beati possidentes!“ Lobe, Wande—
rungen (1837) S. 155.
) Auch die Drusel oder Heimbach genannt.
) Ludwig Grimm, geb. 1790, starb am 4 April 1863
u Kassel. Seine Witwe Friederike, eine Tochter des
Seneralsuperintendenten Ernst, ist anfangs der neunziger
Jahre gestorben.
das schon erwähnte Weingärtnerhaus mit dem
nalerischen Brunnen und am westlichen Ende eine
alte Schleifmühle mit erst vor einigen Jahren zu—
zeworfenem Mühlenteich, der sein Wasser vom
Zabichtswald erhielt und dessen Gerinne eine ober—
chlichtige Mühle trieb.
Dicht an diesem Mühlenteich stand, vom Wege
etwas erhöht, ein kleines Anwesen mit Stall und
Zeuboden, auf den Karten aus damaliger Zeit die
5 .... Küche bezeichnet; dasselbe wurde von einem
zurch Spiel zurückgekommenen ehemaligen, durch seine
z„chönheit bekannten Offizier von Lahrbusch10)
ind dessen Familie bewohnt, der hier etwas Land—
virtschaft und Fuhrwesen betrieb. Ich selber habe
sier einmal die gnädige Frau in Hemdsärmeln ein
ruder Heu abladen und den Herrn selber oft in
nilitärischer Haltung, mit einem alten Pelz be—
leidet, den schnurrbärtigen Kopf unter einer Pelz—
nütze, die Peitsche in der Hand, neben seinem mit
Zabichtswalder Kohlen beladenen Wagen einher—
chreiten sehen, wenn er Kohlen zur Stadt fuhr,
was seine Winterbeschäftigung war.
Auf dem ganzen Auefeld bis nach Schönfeld
das damals, als Sommersitz der Kurfürstin,
„Augusten-Ruhe“ genannt wurde) war kein Haus
zu sehen, auch die Frankfurter Landstraße war sehr
pärlich bebaut. — Außer dem Schaumburgschen
Wirtschaftsgebäude, das aber damals viel niedriger
ind bescheidner war als heute (Nr. 1 der Frank—
urter Landstraße) und dem schräg gegenüber liegenden
„chumannschen, dann Höhmannschen Wirts—
jaus 11) (jetzt Nr. 8) war nur noch das Haus des
dunstgärtners Gollenhofer 12), eines Ungarn (jetzt
Schmidt « Keerl) und einige weitere Gärtner—
zäuschen (Siebrecht, Bastard und Bohl) zu sehen.
Die auf der Ostseite der Frankfurter Land—
traße liegenden herrschaftlichen Gebäude: Domaine
Meierei, Engraisserie (vom Kasseler Volke die
Zühnerstopperei genannt) und das Heumagazin
lagen von den Kastanienbäumen der Allee verdeckt.
Vom Frankfurter Tor bis hinter dem Hause Nr. 1
var eine Allee von italienischen Pappeln angepflanzt,
velche erst nach der Besitzergreifung Hessens durch
die Preußen niedergelegt wurde. —
10) George v. L. war früher Leutnant im Landdragoner—
korps gewesen.
19 1702 erbaut, ursprünglich im herrschaftlichen Besitz
als Rentmeisterwohnung. Später als Schumannsche Wirt—
chaft beliebtes Tanzlokal der kurhessischen Soldaten. Wurde
1904 abgerissen, um die Einfahrt in den Philosophenweg
zu verbessern.
»22 Dieser Paul Gollenhofer, früher Kunstgärtner auf
Wilhelmshöhe, hatte die ehemalige Graßmedersche Gärtnerei
rheiratet und später einen vielbesuchten Kaffeegarten dort
ingerichtet.