Full text: Chronik der Familie Gunkel zu Kassel

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seine Kunst unentbehrliche Sehkraft ganz zu ver— 
lieren, stürzte ihn in Verzweiflung, und so kam 
es zur Katastrophe. Am Abend des 23. Februar 
1876 fand man ihn im Garten der Villa di 
Papa Giulio vor der Porta del Popolo schwer— 
verwundet liegen. Er hatte sich eine Revolver— 
kugel durch die Brust geschossen. Die Wunde 
war tödlich, jedoch mußte der Unglückliche noch 
dier Tage leiden, bis ihn am 27. Februar im 
Hospital zu San Giacomo der Tod erlöste. 
„Die Teilnahme aller Bekannten, die ihn zu 
schätzen wußten, ist rührend“ schrieb der deutsche 
Konsul in Rom an seinen Bruder nach Kassel. 
Doch nicht allzu groß war die Zahl derer, die 
ihn am 1. März zur letzten Ruhestätte begleiteten. 
In fremder Erde, in der ewigen Stadt, dem 
Sehnsuchtsziel seiner Jugend, liegt er begraben. 
Kein Stein deckt sein Grab auf dem kleinen Fried— 
hofe an der Pyramide des Cestius, man wird es 
überhaupt vergeblich suchen, denn der Platz, der 
nicht weiter bezahlt wurde, ist vor einigen Jahren 
neu umgegraben. 
Der Tod des hochbegabten Künstlers ist in 
seiner Heimat kaum beachtet worden. Meines 
Wissens hat keine einzige hessische Zeitung ihm 
einen Nachruf gewidmet, und auch sonst hat man 
seiner kaum gedacht. Er war seiner Heimat 
fremd geworden. Erst als im Jahre 1877 eine 
Ausstellung seines Nachlasses in der Berliner 
Nationalgalerie veranstaltet wurde, da zollte die 
Kritik dem Toten die gebührende Anerkennung, 
nannte ihn einen Geistesverwandten von Alfr. 
Rethel, Jos. v. Führich und Friedr. Overbeck und 
erkannte an, daß sein ideales Streben nicht ge— 
hührend gelohnt worden sei. 
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