Full text: Praktisches Haushaltungs- und Kochbuch oder die wohlerfahrene Lehrerinn im Haushalten und in der Küche

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und las er, und seine Augen waren noch so stark, daß er den 
feinsten Druck bei Licht lesen konnte. Er speis'te in vollster 
Wahrheit nur ganz einfach, seiner Dienerschaft vergönnte er, es 
besser zu haben als er selbst. Die Mittagsmahlzeit war seine 
beste, doch bestand sie nur in 3 Hauptschüsseln, nämlich wenn er 
allein und keine Gäste mit ihm speissten. Morgens genoß er 
Thee mit einem Butterbrod, Mittags trank er zum Essen 2 höch— 
stens 3 Glas Wein, wie auch die ZSeit durch frisches Wasser, 
Nachmittags trank er Thee, ohne dabei zu essen, und Abends aß 
er nur ein klein wenig Gemüse mit etwas Brod. Dies war 
die ganze Nahrung, welche dieser Herr zu sich nahm. 
In diesen Beispielen können wir deutlich die Vortheile der 
Thätigkeit sowohl wie der Mäßigkeit im Essen und Trinken 
wahrnehmen und müssen daraus erkennen, welche große Kraft 
eine gute Gewohnheit hat, die uns auf der physischen Lebensseite 
richtig und sicher stellt. 
Wir wollen hier nur noch des erquickenden Schlafs gedenken, 
welcher eine sichere Folge der Mäßigkeit wie auch der richtig 
gebrauchten Körperkraft ist, und der eins der stärkendsten Haupt— 
mittel zur Erhaltung unsers Lebens ist. Keine Nahrung kann 
den Schlaf ersetzen. Die vor dem Schlaf ermüdeten Sinne sind 
nach demselben wieder neu belebt, die ermüdeten Glieder neu 
gestärkt und mit fröhlicher Stimmung beginnen wir von neuem 
unser Tagewerk. Freilich treten im Leben Fälle ein, wo man 
glaubt, man könne und müsse den Schlaf entbehren, welches bei 
Krankheitsfällen auch oft durchaus nothwendig ist; sollten aber 
nicht viele, wie ich, mit Ueberzeugung gestehen, daß nach solchen 
durchwachten Nächten die Arbeit, welche einige Anstrengung er— 
fordert, viel schwerer von Statten geht. Ein guter Wille vermag 
zwar sehr viel, allein trotz des heftigsten Widerstandes behauptet 
doch der Schlaf sein Recht. 
Nur der Müssige kann sich dieser vorzüglichen Erquickung 
nicht erfreuen; er kann keine Ansprüche auf einen ruhigen Nacht— 
schlaf machen; deun wer die edle Tageszeit in Faulheit hinbringt 
oder wohl gar aus Trägheit einen Theil des Tages verschläft; 
erschlafft dadurch seine Organe, macht sich untauglich zu ihren 
Verrichtungen und schwächt das Erregungs-System, und deshalb 
möchte die alte Sage, daß ein Langschläfer zuletzt dumm werde, 
sich wohl bewährt finden. Auch kann derjenige, welcher seinen 
Magen kurz vor dem Schlafengehen mit Speisen überladet, keine 
Ruhe erwarten; denn hierzu ist Mäßigkeit im Essen und Trinken 
eben so nothwendig wie Thätigkeit. Eben so schädlich ist spätes
	        
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