488 Scbhuster, Der geschichtüche Kern von Hauffs Lichtenstoin.
erste von beiden, die Gunkelsche Chronik, begonnen von Nikolaus
Gunkel (1683 -1749) und fortgeführt von verschiedenen Gliedern
der Kasseler Metzgerfamilie Gunkel, enthält neben Familiennach-
richten Aufzeichnungen buntester Art über allerlei Ereignisse, die
sich in Kassel und der Umgegend zutrugen, Witterungsverbält-
nisse, Hinrichtungen usw., meist aus dem achtzehnten und dem
ersten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts. Der Verfasser
der zweiton Ohronik ist der Kasseler Gärtner Johann Ernst
Gratmeder (1717 - 1779). Ausgestattet mit éiner guten Beob-
achtungsgabe, hat er namentlich die seinen Heimatsort angehen-
den Ereignisse des Siebenjährigen Krieges, dann auch alles, was
ihm sonst irgendwie bemerkenswert erschien, treulich aufgezeichnet.
Aber auch der sachkundige Herausgeber hat kKeine Mühe gescheut,
am, wo es not tat, den Leser über Personen, Begebenheiten
und Verhältnisse zu unterrichten: eine stattliche Reihe wert-
voller Anmerkungen und weiterer Ausfübrungen legt hierfür
Zeugnis ab.
Kassel.
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213.
doehuster, Max, Der geschichtliche Kern von Hauffs Lichtenstein.
Darstellungen aus der Württembergischen Geschichte, heraus-
gegeben von der württembergischen Kommission für Landes-
geschichte. Erster Band.) gr. 80, VII u. 358 8. Stuttagart,
WV. Kohlhammer, 1904. M. 3.50.
Die vorliegende Schrift ging aus éiner Preisarbeit der
Tübinger philosophischen Fakultät hervor. Da sich der Veorf.
nicht damit begnügt, die von Hauff benützten Quellen nach-
zuweisen, sondern über diesen engeren Rahmen hinaus eine Dar-
stellung des geschichtlichen Gesamtbildes erstrebt, erhält die
Arbeit einen selbssstäündigen geschichtswissenschaftlichen Wert, der
durch eine fast lückenloss Quellen- und Läteraturkenntnis
wesentlich erhöbt wird. Nach einleitendoen Abschnitten, die in
vielleicht allzu ausführlicher Weise über die dichterischen und
sagenhaften Bestandteile, sowie über die allgemeinen Quellen des
Romans berichten, beginnt die eigentliche Untersuchung mit
giner trefflichen Darstellung der Jugendzeit Herzog Ulrichs, an
die sich Schilderungen der Katastrophe des armen Konrad, der
Eheirrung Ulrichs, der Tötung Hans von Huttens, sowie der
diesen Ereignissen unmittelbar folgendoen Wirren anschlieben.
Dann wird in éeinem sebr anziehenden Kapitel der UOlrich der
Geschichte dem des Romans gegenübergestellt. Die kriegerischen
Wirron von der Eroberung Reutlingens bis zu dem vergeblichen
Herbstfeldzug 1519 werden ausführlich dargelegt. Endlich wird
nach einer Zusammenfassung von Hauffs Verhältnis zu den
Quellen und zur Geschichte in einem Schlußabschnitt die literar—
historische Stellung des Romans „Lichtenstein“ eérörtert.