Full text: Zwei Kasseler Chroniken des achtzehnten Jahrhunderts

A. 1719 Ist ein solcher Sommer geweßen daß 
es fast von Johanni an Biß 8 dage vor 
Michiäli nicht geregnet. Daß auch 
unßer forst So drücken ist worden, daß 
aicht so viel grünes ist darauff gewest, 
daß sich hätte können eine gantz Sadt 
freßen, Aber doch auff Michiäli geregnet 
daß er wider begunde grün zu werden. 
Es hat auch im selben Sommer gar kein 
Grummet gegeben. Die Wißen haben 
müßen die hirten mit den Kühen abhüden. 
auff Neu Jahr ist H. Francko kranck 
worden, daß er auch geirrt, u. bekant 
daß er mit seiner Magd 1 Kindt hätte, 
worauff er in selben Jahr seines Dienstes 
wieder umb entsetzet worden u. in unßer 
Kirche offentliche Buße abgelegt u. 14 dage 
vor Pfingsten auß hauß ge lgangen?]17) 
4. 1720 
19 Vergl. S. 8. Johann Conr. Francke aus 
Immichenhain wurde 1714 von St. Goar, wo er reform. 
Diakon war, wegen seiner trefflichen Predigergaben als 
Hehülfe des Superintendenten und Hofpredigers Vietor nach 
Kassel berufen. Nach dessen Tode wurdeer 17183weiter Pfarrer 
in der Neustadt. „Sein bei der Kirchenbuße gesprochenes 
Sundenbekennmnserschien gedruckt unter dem Titel „Kläg- 
liche Busrede des gefallenen, aber busfertig wieder auf—⸗ 
gestandenen J. C. Franckens, gewesenen Diaconi in der 
Unterneustadt zu Kassel“. Er erzählt darin seinen ge— 
wesenen „— Ach, daß ich muß sagen, gewesen! —“ Pfarr— 
kindern, wie sich, als er auf dem Krankenbette lag, „Gott 
und der Satan umb meine arme Seele gleichsamb gezerret 
haben“ und wie er damals „die Pein und Qual der Hellen 
würklich empfunden“. Jedermänniglich solle sich sein 
rauriges und recht erstaunliches Exempel zur Warnung 
dienen lassen und daraus ersehen, daß der gerechte Richter 
der Welt auch die allerheimlichste Sünde zu seiner Zeit 
entdecke und offenbar mache. In rührendem Tone bittet 
er die ganze Gemeinde um Verzeihung und mahnt sie, 
sein Argernis nicht nach der Atheisten Art dem ganzen
	        
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