Full text: Zwei Kasseler Chroniken des achtzehnten Jahrhunderts

RXEseler Jamnlienchromt 
APeiten, wo friedsame Handwerksmeister sich nach de 
Tages Last und Lust behaglich hinsetzten, um mit unge 
enker Hand, aber regem Gesste diée Geschehnisse um sie her 
ei es im engeren Kreise der Ihren, sel es im weiteren 
ber Stadt und des Landes, in die Familienchronik ein— 
xugen, sind sür immer vorüber. Die meisten dieser Auf 
feichnungen sind verloren, mochte nun der rücksichtslos 
Zufall sie fortgerafft oder Unverständnis sie des diuf— 
hebens nicht für wert gehalten haben. Um so wichtige 
heint uns deshalbe das Wenige, was uns v 
olchen Chroniken noch erhalten ist; sind sie e 
boch gerade, die in die sroßzugigen Konture 
her Geschichtswerke Farbe, Licht und Schatten hinein 
pringen und durch an sich unbedeutende Eingetguge der 
Berippe historischer Daten gleichsam Fleisch und Blut per 
xihen. Wir wollen nicht immer nur die großen Haupt 
nd Staatsaktionen sich vor uns abspielen sehen, soͤnder 
huch einmal das rein Menschliche auf uns wirken lassen 
finmal die leibhaften Menschen kennen lernen, die ohn 
ffizielles Prunkgewand hinter den Kulissen stehen und di 
—9*— der großrn Weltkomödie in der Hand haben, un 
vollen wissen, wie 9 im Kopfe des schlichten Bürgers 
nannes diese Geschehnisse abgespiegelt haben. Es ist des 
halb aufs freudigste zu begrüßen, wenn uns —A 
osch, einer der besten Kenner unserer Lokalgeschihte 
einemm Sammelband zwei solcher Familienchroniken dar 
bietet, die dem grade für Cassel so wichtigen 18. Jahr 
hundert angehbren und unter dem Titel,ZweiCasseler 
hroniken des achtzehnten dadedeneren 
Fin Beitrag zur Orts- ünd amilien 
ßeschichte“, vor, kurzem im Verlage der Vietor— 
chen Hofbuchhandlung erschienen. Es ist das ein 
nal die, Chronik der fünf Generationen hindurch 
Holzmarkt ansässig gewesenen Metzgerfamilie Gunke 
1683—1819) und dann die sog. Graßmedersche Stand 
hronik, die mit dem Jahr 10789 abschließt und im Gegensatz 
Fur Gunkelschen Chronik nur einen einzigen Verfasser hat 
ämlich den 1717 geborenen Gärtner Johann Ernst Groß— 
neder, der eine Gürtnerei vor dem Frauntfurter Tore be— 
aß und mit großer ewissenhaftiateit seine Erlebnisse und 
hesonders die Geschicke Cassels vor, während und na 
dem 7jährigen Krieg zu Papier gebracht hat. Ueberhaupt is— 
beiden Chroniken so ziemlich alles aufgezeichnet, was ihren 
Perfassern von Bedeutung erschien, als da sind auffallende oden 
heftige Naturerscheinungen wie Kometen, Wolkenbrüche 
eberschwemmuungen, Erdbeben, Dürre, große Kälte, ferne 
Porgänge am fürstlichen Hofe, Kriegsereignisse, Preise der 
ebensmittel, Hinrichtungen, Unglücksfälle, Antritts- und 
Abschiedspredigten der Geistlichen, bauliche Veränderungen, 
nnerhalb des Casseler Weichbildes und nicht zuletzt die 
eid- und freudvollen Ereignisse im eigenen Familienkreise. 
Pas alles ist mit einer Natürlichkeit, Naivilät und Treue 
heschildert, daß uns diese beiden einfachen Chroniken meh 
jls dickleibige Kulturgeschichtsbände die Vergangenheih 
peranschaulichen können. Dem Ganzen siüd einige 
leinere wertvolle Aufsätze angereiht, unter denen besonders 
derjenige über die alten und jetzigen Casseler Straßen 
amen hervorgehoben sei. Eine Fülle von Anmerkungen 
hibt auch dem weniger mit der Lokalgeschichte Vertraute 
hie nötige historische Aufklärung. Diese Sammlung der 
beiden Casselor Bürgerchroniken gehört mit zum kültur 
istorisch Wertvollsten, was wir zur Geschichte der Stadt 
assel besitzen uud kann allen, die ein warmes Herz für 
hre hessische Heimat, Liebe und Verständnis für die 
eschicke der Stadt Cassel und ihrer Bürger seit den Tage 
bes großen Landgraie värmiste 
— — F 9
	        
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