Full text: Zwei Kasseler Chroniken des achtzehnten Jahrhunderts

zum Schmelzen, was noch zu kriegen war, zu 
21 alb. &hl., das Maß ordinairen Branntwein 
2Thl. 21 alb. 4 hl.; ein Viertel Korn hat der 
Obercammerrath Stirno) für 107 Thlr. ge⸗ 
kauft, Die Bürger haben Hafer- und Malzbrod 
und Eicheln gegessen. Der Hunger hat veran— 
laßt, daß an einem Tage 8500 Seelen aus der 
Stadt gezogen sind, mit Bewilligung der Fran— 
zosen, eines Generals Diesbach' von den 
Schweizern. Eine Steige Eier hat gekostet 
3 Thl. 10 alb. 8 hlr, 15Pfd. Butter 1Thlr., 
lGans 3 Thl. 10 alb. 8 hl., nämlich einen 
großen Thaler. 
In summa die Noth und der Hun ger waren so 
groß, daß Mancher in Cassel noch den Tod er— 
litten haben würde, wenn dieser Zustand länger 
gedauert hätte. Selbst die Fränzosen haben 
186 Pferde geschlachtet und gegessen. Das 
Tractament war so eingetheilt, daß jeder Fran— 
zose 8 Pfd. Brod, 4 Loth Fleisch und 2 Loth 
Reiß in der Suppe erhielt. 
1763 
Am 9. Februar ist auf Befehl des Herrn Landgrafen 
Friedrichs 11. im ganzen Hessenlande ein 
Dankfest wegen des von Gott geschenkten 
Friedens zwischen England und Frankreich ab— 
0) Wolrad Stirn, geb. 1695, gest. 1768, war Kabinetts— 
sekretär König Fricdrichs J. gewesen. Später als Vertrauter des 
Erbprinzen Friedrich wurde er der Begünstigung von dessen 
Fluchtplänen und des Hochverrats angeklägt und zu 8 Jahren 
Gefängnis verurteilt. (Vgl. Hartwig, Uebertritt des Erbprinzen 
Friedrich, 121 5129.) Landgraf Friedrich II. ernannte ihn zum 
Beh. Kammerrat. Er besaß das später Schlieffensche Gut Wind. 
zausen und ist der Stammvater der von Jofeph II. geadelten 
Familie v. Stiernberg.
	        
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