40 Aussöhnung mit dem Kurfürsten 1823
vieder hergestellt zu sehen, dessen Aufhebung mir nur schmerzhaft seyn kann ...
Ich wünsche mit der Familie des Landgrafen Friedrich in eben der Freund—
schaft wie mit der des Landgrafen Carl zu leben und beauftrage Sie deshalb,
dem Landgrafen Friedrich Lbd. diese meine Gesinnungen mitzutheilen, indem
ich meinerseits zu einem gütlichen Vergleich gerne beytragen will“. Der Land⸗
graf zögerte nicht, die von seinem Neffen dargebotene Hand zu ergreifen, und
am 16. Mai 1823 konnte Hänlein nach Berlin berichten, daß eine briefliche
Aussöhnung zustande gekommen sei. Der schriftlichen folgte bald eine münd⸗
liche Aussprache, die die Aussöhnung besiegelte. Der Kurfürst, der eine Zeit⸗
lang (wie es scheint, auf Einflüsterung des Polizeidirektors von Manger)
sogar geglaubt hatte, daß der Landgraf Friedrich hinter den Drohbriefen
stecke, die ihm damals das Leben schwer machten, hatte nach der Verhaftung
Mangers diesen unsinnigen Gedanken endgiltig fallen lassen, und als am
25. Juli 1823 Landgraf Friedrich mit seinen Söhnen auf Wilhelmshöhe er⸗
schien, kam es zu einer tränenreichen Versöhnungsszene, die an die ähnliche
am gleichen Orte vor 42 Jahren erinnerte. Und als der Landgraf sich so weit
überwand, der Gräfin Reichenbach einen Besuch zu machen!, da war
der Friede völlig geschlossen. Der 54. Geburtstag des Kurfürsten am 28. Juli
oereinigte nach langer Zeit das ganze kurfürstliche Haus (auch Prinz Friedrich,
der älteste Sohn des Landgrafen Carl, war aus Rendsburg gekommen) in
zrößter Einmütigkeit.
Das Verhältnis zwischen Neffen und Onkel blieb weiterhin ungetrübt, wenn
auch — vielleicht auch gerade, weil — Landgraf Friedrich es vorzog,
nicht wieder seinen ständigen Wohnsitz in Cassel, sondern in Rumpenheim
und Frankfurt zu nehmen, wo seine einzige noch unvermählte Tochter Luise
mit ihm zusammenlebte und im Verein mit der Schwägerin die verlorene
Hattin und Mutter zu ersetzen suchte.
Hier hatte er noch einmal eine Gelegenheit, seine Uneigennützigkeit im In⸗
teresse der kurfürstlichen Familie zu zeigen. Das war, als Wilhelms II. ein⸗
ziger Sohn, durch den traurigen Zwist im elterlichen Hause aus der Heimat
getrieben, zu Bonn in die Bande der schönen Gertrude Lehmann geraten war
und die Absicht zeigte, sich mit der Geliebten für immer zu verbinden. Im
Frühjahr 1830 war der Kurprinz von Mainz nach Frankfurt übergesiedelt und
lebte mit Frau Lehmann im Hof von England. Da er damals? das Beth⸗
mannsche Haus am Untermainquai mietete, schien er sich dauernd dort nieder⸗
7Am lso. Oktober kam auch der Herzog v. Cambridge wieder nach Cassel zu Besuch
and führte die Gräfin Reichenbach zur Tafel.
Am 18. März 1830, für 2400 fl. jährlich.
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