38 Beim Landgrafen Carl 1822
fera rien. Rumpenheim est mon seul domicile“ schrieb er nach Hannover
und fügte bitter hinzu: „schlimmstenfalls sind wir dort assez près de la
frontière!“
Uber vier Wochen blieb Frie dr ich an dem gastlichen Hof von Dänemark,
aber „auf die Dauer wird schließlich auch die liebenswürdigste Gastfreund—
schaft langweilig“, und so brach er am J. August 1822 von Kopenhagen
auf, um die Weiterreise nach Hannover anzutreten. Die Ostsee war ihm
diesmal nicht so freundlich gesinnt, wie auf der Hinfahrt. Das Wetter
war stürmisch, und der Dampfer mußte kurz nach der Abfahrt vor Anker
gehen. Alle Passagiere wurden stark von der Seekrankheit ergriffen. Endlich
nach 46 Stunden konnte man weiterfahren und kam glücklich in Kiel an,
wo man das Dampfboot schon verloren geglaubt hatte. Von Kiel aus
besuchte Frie dr ich noch einmal seinen Bruder, den Lan dgrafen Carl
zu Luisenlund. Er war recht alt geworden, aber „Sson esprit travaille
ctonnẽmentꝰ. Seine Studien über den Zodiacus des ägyptischen Tempels
von Denderah absorbierten ihn völlig. Er hatte für nichts Anderes Interesse
und sprach fortwährend nur von den Mysterien der Isis und den Reisen
des Osiris.“ Die „gute Landgräfin“, seine Gemahlin, hörte ihm mit Be⸗
wunderung zu, „obwohl sie kein Wort davon versteht, und ich mache es
zrade so“. Einen vortrefflichen Eindruck machte auf Friedrich das glückliche
Familienleben des holstein⸗beck'schen Prinzenpaares? mit seinen sieben Kindern,
an denen er viel Gefallen fand, ohne zu ahnen, daß der junge Christian
dereinst der Gemahl seines geliebten Enkelkindes „Louisien““ und durch sie
König von Dänemark werden würde. Landgraf Carl riet seinem Bruder
übrigens sehr zur Nachgiebigkeit in Cassel und meinte, es wäre doch gar⸗
nicht so schlimm gewesen, wenn man der Reichenbach einen Stuhl an⸗
geboten hätte.
Mitte August 1822 reiste Landgraf Friedrich von Luisenlund weiter
nach Hannover, wo er mit seiner Frau zusammentraf, noch zur rechten Zeit,
Als Ergebnis seiner Studien veröffentlichte der Landgraf später die Schrift „La
pierre Zodiacalse du temple de Denderah. Copenhague 1824“, worin er die Tempel⸗
bilder als Illustrationen der Reisen des Osiris in sehr romantischer Weise zu deuten
suchte. Als Pariser Gelehrte seine Theorien beanstandeten, und als Nicollet dabei sein
15 jähriges Studium der Materie betonte, berief der Landgraf in seiner Entgegnung sich
auf 40 jähriges Studium, da er schon im Jahre 1776 (wahrscheinlich durch den Grafen
St. Germain)) in die ägyptischen Mysterien eingeweiht worden sei dont je e regardois
en quelque sorte comme le depositaire“.
2 Prinz Wilhelm von Holstein-Beck (der 1825 den Titel eines
Holstein⸗Sonderburg⸗Glücksburg annahm), der Stammvater des
hauses, war seit 1810 vermählt mit Luise von Hessen-Cassel,
Tarl, und lebte mit seiner Faͤmilie bei seinen Saͤwiegereliern.