Full text: Aus dem Leben des Landgrafen Friedrich von Hessen auf Rumpenheim: 1747-1837

In Mecklenburg-⸗Strelitz u. Kopenhagen 1822 37 
Die Großherzogin hätte ihren alten Vater am liebsten dauernd bei sich be— 
halten, und der Großherzog bot ihm deshalb als einstweiliges Quartier für 
den Winter das vollständig möblierte Haus des Prinzen Ernst an. Im 
Theater wurde er durch Dekorationen überrascht, die Rumpenheim darstellten, 
aber diese gutgemeinte Aufmerksamkeit weckte nur schmerzliche Erinnerungen 
an den so lange schon entbehrten Lieblingswohnsitz. Darum wollte er weder 
von einem Winteraufenthalt in Neustrelitz noch gar von einer definitiven 
Ubersiedelung nach Hannover etwas wissen, wie die Landgräfin vorschlug. 
Nach einem Aufenthalt von drei Wochen in Neubrandenburg und Neustrelitz 
reiste er weiter, um seinen ältesten Sohn in Kopenhagen zu besuchen. Am 
27. Juni traf er in Kiel ein, von wo die Weiterreise zur See gehen sollte. 
Es war ein großes Ereignis in seinem Leben, die erste Fahrt auf einem 
Dampfschiff. Die Königin Marie hatte ihrem Onkel einen Platz auf dem Kieler 
Dampfboot bestellt, „sehr teuer“, zu 180 Talern, aber man sollte nur 24 
Stunden zur Überfahrt brauchen, anstatt fünf Tage auf dem Landweg mit 
zwei UÜberfahrten zwischen den dänischen Inseln. Der englische Maschinist 
des Dampfbootes zeigte ihm bereitwilligst alle Einzelheiten der Maschinerie 
und des Kessels und war sehr erfreut, sich mit dem Landgrafen in seiner 
Muttersprache unterhalten zu können. Eine Schachpartie mit einem nor—⸗ 
wegischen Konsul verkürzte die Stunden der sehr ruhigen und bequemen 
Seereise. Am 29. Juni kam Friedrich in Begleitung seines Sohnes Georg, 
der von Berlin nach Kiel nachgekommen war, um durch einen Besuch in 
Kopenhagen den ungünstigen Eindruck seines Abschieds von Dänemark im 
Jahre 1813 zu verwischen, in der dänischen Hauptstadt an, wo großer Empfang 
stattfand. Zwei königliche Schaluppen mit „Lotte und Wilhelm“ fuhren 
dem Dampfer entgegen, am Hafen standen der Prinz Ferdinand, zwei 
Prinzen von Hessen⸗Philippsthal und ein Graf Moltke zum Empfang. Vom 
Balkon des Schlosses grüßten König und Königin schon von weitem die 
hessischen Gäste. Der Landgraf konnte nicht genug die Zuvorkommenheit 
und Herzlichkeit rühmen, mit der er von den dänischen Verwandten be— 
handelt wurde. „On est toudèé de cette manière amicale en songeant 
à l'autre!“ Königliche Prinzen, wie Prinz Fritz (der spätere König Friedrich VII.) 
räumten ihm, dem alten Ehrengast, ohne weiteres den Vortritt ein. „Quelle 
diffẽrence!“ Besonders groß war die Freude des Wiedersehens mit den 
Enkelkindern, die mit ihren Eltern damals zu Friedrichsthal, zwei Meilen 
von Kopenhagen, auf dem Lande wohnten. Im Hochgefühl der Großvater— 
freude plante der Landgraf schon wieder eine allgemeine Familienzusammen— 
kunft zu Rumpenheim, „ou je Vous garantie que personne ne nous
	        
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